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DOI: 10.1055/s-2005-923328
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York
Migräne: effektive Therapie mit Akupunktur? Kommentar: Nadeln bei Migräne: nicht wo, sondern dass!
Zum Beitrag aus DMW 24/2005Publication History
Publication Date:
12 December 2005 (online)
Wohltuend diese Aussage, die endlich ein Plazebo auch Plazebo nennt [1]. Die bisher durchgeführten Studien „Akupunktur bei Migräne, Kreuzschmerz bzw. Gonarthrose“ im Vergleich mit Scheinakupunktur ergeben doch nichts anderes, als dass es sich um einen Plazebo-Effekt handelt. Frappierend ist nur, mit welchem Jubel die Ergebnisse von den Protagonisten interpretiert werden. Die Tatsache, dass die Scheinakupunktur selbige Effekte erbringt, wird lediglich von diesen mit gedankenschweren Bekundungen des Nachdenkens über dieses Ergebnis kommentiert. Schon allein die relativ geringen Wirksamkeitsquoten von 30-40 % legen aber diesen Verdacht nahe. In den 1980er Jahren wurden bereits von Herrn Prof. Dr. Prokop auf der Basis solcher Daten überwiegend psychische Effekte reklamiert, da solche Therapieeffektivitätsraten eben charakteristisch für psychotherapeutische Behandlungsstrategien sind. Dies schließt keineswegs die Akupunktur aus dem Behandlungskonzept aus, unter der Voraussetzung, dass die schulmedizinischen naturwissenschaftlichen Verfahren ausgeschöpft, bzw. ungenügend wirksam sind. Damit kann das Verfahren auch realistisch in ein ganzheitliches Behandlungskonzept eingebettet werden.
Aber von den Verfechtern der Methode wird immer wieder versucht hieraus ein besser wirksames bzw. mythisch umwobenes, den körperlichen biologischen Gegebenheiten besser entsprechendes Behandlungsverfahren zu konstruieren. Dies sollte ad acta gelegt werden. Es handelt sich um einen überwiegenden Plazebo-, d. h. psychotherapeutischen Effekt, der, getreu dem Grundsatz „Die Effektivität der Therapie ist proportional des Eindrucks, den sie auf den Patienten macht“ im Kontext ärztlicher, diagnostisch-therapeutischer Verantwortung genutzt werden sollte. Man stelle sich vor, eine pharmakologisch-chemische Substanz mit solcher Art Wirkungsdokumentation wollte sich auf dem Markt etablieren, mit welcher Vehemenz die Mietblätter der Krankenkassen, wie „Arzneimitteltelegramm“ oder „Arzneimittelreport“ mit messerscharfer Logik bewiesen, dass überhaupt kein Bedarf an solch einer Therapie besteht. Nur bei Akupunktur ist offenbar alles ganz anders.
Wohltuend auch die zweite Aussage der Stellungnahme, endlich die Pflicht zu kostenschweren Ausbildungen zu beenden, die lediglich die Unzahl von Akupunkturgesellschaften und Vereinen in der Bundesrepublik am Leben erhalten, ohne dass daraus ein effektiver Nutzen zu erkennen ist. Mir ist jedenfalls nicht bekannt, dass eine solche Gesellschaft tatsächlich eine valide, wissenschaftlichen Kriterien standhaltende Studie auf den Weg gebracht hätte.
Derjenige, der meint, mit Nadelung bei den bisher untersuchten Indikationen mit nachgewiesener, wenn auch nur mäßiger Wirksamkeit, einem Patienten helfen zu wollen und können, kann hiervon ausgehend entsprechende Nadeln finanzieren und ohne weitere Investition das Verfahren üben. Von einzelnen Kollegen sind mir Scheinakupunktureffekte seit langem bekannt, indem diese ohne jede Ausbildung einfach nur nadelten und entsprechende Ergebnisse erzielten.
Die Akupunktur bleibt Ergänzung und damit ist kaum Kostenersparnis zu erwarten. Schaut man sich darüber hinaus die Verfahrensweisen der Schmerztherapeuten im Praxisalltag an, zumindest in meinem Erfahrungsbereich ist das erkennbar, erhält ohnehin kein Patient die Akupunktur als Monotherapie, sondern lediglich ergänzend zu Pharmakotherapie und lokalen Instillationsbehandlungen. Aus der Sicht des Patienten hat natürlich dann die Akupunktur, da das beeindruckendste Verfahren, wie bei jeder guten Psychotherapie, oftmals den größten Effekt erbracht.