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DOI: 10.1055/s-2005-951631
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York
Onkologie - Akzeptanz der Tamoxifen-Chemoprävention bei Ärzten und Frauen mit Mammakarzinom
Publikationsverlauf
Publikationsdatum:
12. September 2006 (online)
Mehrere Studien haben gezeigt, dass durch die prophylaktische Einnahme von Tamoxifen das individuelle Mammakarzinomrisiko von Hoch-Risiko-Patientinnen wesentlich gesenkt werden kann. Aber welche Faktoren führen dazu, dass die Chemoprophylaxe von den behandelnden Ärzten empfohlen wird - und unter welchen Voraussetzungen wird sie von den Patientinnen akzeptiert?
Nach Veröffentlichung der NSABP-1-Studie 1998 wurde von der amerikanischen Food and Drug Administration (FDA) Tamoxifen als Chemoprophylaxe bei Risikopatientinnen empfohlen. In dieser und weiteren Studien konnte gezeigt werden, dass eine Einnahme von Tamoxifen über 5 Jahre das Risiko am Mammakarzinom zu erkranken, zwischen 40 und 50% senkt. Bisher gab es jedoch keine Daten zur Akzeptanz der Prävention von Seiten der Ärzte und Patientinnen.
Julia Tschou und Kollegen aus Chicago untersuchten die Akten von 219 Frauen, die sich nach Veröffentlichung der NSABP-Studie zur Beratung beim Lynn Sage Breast Program vorstellten (Cancer 2004; 100: 1800-1808). Frauen, deren Vorgeschichte eine genetische Mutation vermuten ließ, erhielten eine genetische Beratung (5 Frauen, bzw. 2,3% wurden BRCA1/2 positiv getestet). Bei den restlichen Patientinnen wurde das individuelle Risiko nach dem Modell von Gail et al. berechnet. Bei Patientinnen, bei denen bereits ein lobuläres carcinoma in situ (LCIS) oder eine atypische Hyperplasie (AH) diagnostiziert worden war, wurde das Risiko nach dem Modell von Claus et al. erhoben. Anhand der NSABP-Daten wurde den Frauen eine Risikoreduktion von 50% prognostiziert, beim Vorliegen einer LCIS von 56 und bei einer AH sogar von 85%.
Die Patientinnen waren im Durchschnitt 47 Jahre alt (22-75 Jahre), 33% wiesen in der Vorgeschichte einen pathologischen Histologiebefund einer Gewebeentnahme aus der Brust auf, 62% der Frauen (n = 137) boten die beratenden Ärzte Tamoxifen als Chemoprävention an. Tamoxifen wurde umso häufiger empfohlen, je höher das individuelle Karzinomrisiko nach Gail bzw. Claus war. Von den 137 Patientinnen hatten 68 (50%) eine LCIS- oder AH-Diagnose, was sich als der Faktor mit dem höchsten prädiktiven Wert für eine Empfehlung erwies.
Weitere positiv prädiktive Faktoren waren das Alter und der Menopausenzustand: älteren und postmenopausalen Frauen wurde häufiger Tamoxifen angeboten. 78% aller postmenopausalen Patientinnen wurde zur Prophylaxe geraten versus 55% der prämenopausalen. Das spiegelt auch die Tatsache wider, dass postmenopausale Frauen häufiger bereits hysterektomiert sind - ein weiterer wichtiger prädiktiver Faktor der Tamoxifenempfehlung.
57 der 137 Frauen (42%) entschieden sich nach Aufklärung über die Nebenwirkungen zur Durchführung der Chemoprophylaxe. Ein höherer Gail-Score war dabei kein Faktor, der zur vermehrten Annahme führte. Die einzigen Faktoren mit einem positiv prädiktiven Wert waren eine Vorgeschichte von LCIS bzw. AH und ein höheres Alter (im Mittel 51 vs. 46 Jahre). Positive Familiengeschichte, unauffällige Histopathologie von Mammabiopsien, Menopausenstatus und Hysterektomie in der Vorgeschichte erwiesen sich als nicht signifikante Faktoren für eine Zustimmung zu einer Chemoprävention mit Tamoxifen. Dies führte dazu, dass letztlich nur 26% der Gesamtgruppe der empfohlenen Chemoprophylaxe zustimmten.
Tubuläres Mammakarzinom (Practical Breast Pathology. Thieme 2002).