Kardiologie up2date 2006; 2(1): 6-15
DOI: 10.1055/s-2006-925252
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Herzinsuffizienz
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Kontroversen zur Myokardbiopsie - Differenzialindikation bei Myokarditis

Uwe  Kühl, Matthias  Pauschinger, Michel  Noutsias, Heinz-Peter  Schultheiss
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Publikationsdatum:
20. April 2006 (online)

Für und Wider der Myokardbiopsie

Die Zahl der Patienten mit einer Herzinsuffizienz, der in etwa 70 % eine KHK zugrunde liegt, nimmt in den letzten Jahrzehnten stetig zu. Zu den häufigsten nichtischämischen Ursachen zählen Kardiomyopathien, die langfristig eine schlechte Prognose aufweisen. Die Ätiologie der eingeschränkten systolischen bzw. diastolischen Pumpfunktionsstörung des Myokards kann der routinemäßig durchgeführten Diagnostik verborgen bleiben, wenn primäre, das Krankheitsbild erklärende Ursachen wie Klappenvitien, Hypertonie, Diabetes, Neoplasien oder Systemerkrankungen mit kardialer Beteiligung nicht vorliegen. In diesen Fällen besteht zur weiteren ätiologischen Abklärung prinzipiell die Indikation zur Myokardbiopsie (EMB).

Die Indikation zur Myokardbiopsie und die Wertigkeit einer primär negativen Diagnostik werden nach wie vor kontrovers diskutiert. Keine der Fachgesellschaften hat bisher Empfehlungen vorgelegt, für welche Erkrankungen und Patientengruppen eine eindeutige Indikation zur Biopsiediagnostik besteht.

Contra Myokardbiopsie. Häufig angeführte Gründe für eine nicht erfolgte Biopsiediagnostik sind:

eine fehlende standardisierte Diagnostik, ungeklärte therapeutische Konsequenzen, widersprüchliche Daten zur Sensitivität und Spezifität verschiedener Untersuchungstechniken, eine zumindest für spezialisierte Zentren nicht geltende hohe Komplikationsrate.

Pro Myokardbiopsie. Demgegenüber muss man aber sehen, dass sich die moderne Diagnostik in den letzten Jahren stetig verbessert und neue Erkenntnisse geliefert hat. Während die Biopsiediagnostik bei Patienten mit klinischem Verdacht auf eine Myokarditis oder DCM noch vor wenigen Jahren überwiegend auf einer rein histologischen Entzündungsdiagnostik beruhte, ermöglichen es der vielfach sensitivere immunhistologische Entzündungsnachweis und die molekularbiologische Virusdiagnostik heute bei mehr als der Hälfte dieser Patienten, deren Erkrankung zuvor als diagnostisch nicht klassifizierbar und somit „idiopathisch” eingestuft wurde, eine definierte Diagnose zu erhalten. Gerade die Fortschritte in der Virusdiagnostik mit den zwischenzeitlich vorliegenden, an größeren Patientenkollektiven durchgeführten Verlaufsuntersuchungen und die ersten positiven Ergebnisse der spezifischen antiviralen Therapie verdeutlichen, dass virale Infektionen des Myokards den Erkrankungsverlauf nachhaltig beeinflussen und als wichtige pathogenetische Ursachen der progredient verlaufenden entzündlichen Kardiomyopathie anzusehen sind.

Probleme der Umsetzung. Diese neuen Erkenntnisse haben bisher keine ausreichenden therapeutischen Konsequenzen. Das liegt - neben der Komplexität der zugrunde liegenden Krankheitsbilder - daran, dass einerseits noch zu wenige Patienten unter standardisierten Bedingungen myokardbioptisch untersucht und langfristig klinisch nachverfolgt wurden und andererseits aus aktuell laufenden randomisierten Behandlungsstudien noch keine Daten vorliegen. Die wenigen bisherigen Daten bestätigen die aus früheren Arbeiten stammenden Daten über die klinische Bedeutung der Virusinfektion oder Entzündungsreaktion. Allerdings können zahlreich ältere Befunde, die nur auf einem ausschließlichen Entzündungs- oder Virusnachweis beruhen, heute nicht mehr so ohne weiteres als Argumente für oder gegen eine Biopsie angeführt werden, da für die Interpretation dieser Daten eine unvollständige und damit nicht mehr zeitgemäße Diagnostik zugrunde gelegt wurde. Eine inkomplette Diagnostik ergibt auch nur ein unvollständiges Bild einer Erkrankung. Unzutreffende Rückschlüsse auf möglicherweise vorliegende Ursachen und ihre klinische Auswirkungen wären somit die Folge.

Die anstehenden Probleme lassen sich nicht kurzfristig lösen. Um klinisch relevante Daten zu erhalten, ist eine auf den aktuellen Erkenntnissen basierende, standardisierte und komplette Diagnostik bei allen untersuchten Patienten erforderlich, die bisher aber nur von wenigen Zentren konsequent durchgeführt wird. Darüber hinaus müssen die erarbeiteten diagnostischen und therapeutischen Befunde durch langfristige klinische Verlaufsuntersuchungen auf ihre klinischen Wertigkeit und ihren langfristigen Nutzen für den Patienten hin überprüft werden.

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Dr. Uwe Kühl

Medizinische Klinik II · Cardiology und Pneumonology · Charité - Universitätsmedizin Berlin · Campus Benjamin Franklin

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