Intensivmedizin up2date 2006; 2(2): 161-172
DOI: 10.1055/s-2006-925288
Neuro-Intensivmedizin
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Spontane intrakranielle Blutung

Esther  Sammler, Eric  Juettler, Thorsten  Steiner, Andreas  Unterberg
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Publikationsdatum:
17. Mai 2006 (online)

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Kernaussagen

Die spontane intrakranielle Blutung (ICB) macht 10 - 15 % aller Schlaganfälle aus und hat eine Letalität von etwa 50 % bei insgesamt schlechtem neurologischen Outcome. Klinisch lässt sich die Symptomatik einer ICB nicht von der einer zerebralen Ischämie unterscheiden. Die Diagnose wird mit bildgebenden Verfahren (CT/MRT) gestellt. Hauptrisikofaktoren der spontanen ICB sind ein erhöhtes Lebensalter und die arterielle Hypertonie. Anderen Ursachen muss im Rahmen einer erweiterten Diagnostik mit MRT oder Angiographie nachgegangen werden (z. B. Gefäßfehlbildungen).

Eine spontane ICB kann sowohl konservativ als auch operativ behandelt werden. Allerdings besteht aufgrund der bisher unzulänglichen Datenlage kein Konsens hinsichtlich schlüssiger Therapierichtlinien. Das Bemühen, therapeutische Konzepte auf eine fundierte wissenschaftliche Basis zu stellen und neue Therapiemöglichkeiten zu entwickeln, hat durch 2 Studien neue Impulse bekommen: „Early surgery versus initial conservative treatment in patients with spontaneous supratentorial intracerebral haematomas in the International Surgical Trial in Intracerebral Haemorrhage STICH” und „Recombinant Activated Factor VII for Acute Intracerebral Hemorrhage”[8] [9].

Die STICH-Studie konnte keinen eindeutigen Vorteil einer frühen chirurgischen Intervention (innerhalb von 24 Stunden) gegenüber der konservativen Behandlung einer ICB belegen. Am ehesten scheinen junge Patienten mit lobären Blutungen, die sich progredient verschlechtern, von einer chirurgischen Hämatomausräumung zu profitieren.

Die Ergebnisse der Medikamentenstudie mit aktiviertem rekombinantem Faktor VII, der innerhalb von 4 Stunden nach Symptombeginn appliziert wird, sind viel versprechend. Die derzeit laufende Nachfolgestudie FAST lässt auf die Einführung einer effektiven Notfallbehandlung der ICB hoffen.

Die Therapie mit Faktor VII greift gezielt in die Gerinnungskaskade ein, um die häufigste und prognostisch ungünstige Komplikation, die Nachblutung, zu minimieren. All dies könnte dazu führen, dass in absehbarer Zeit sogar an eine Kombination aus medikamentöser Gerinnungstherapie und frühzeitiger operativer Hämatomausräumung gedacht wird. Es muss also davon ausgegangen werden, dass sich das Management der spontanen intrakraniellen Blutung in den nächsten Jahren grundlegend ändern wird, was auch die Prognose der Erkrankung deutlich verbessern könnte. Bis zu diesem Zeitpunkt kann nur eindringlich auf den hohen Stellenwert der Primärprävention und auf die Bemühungen, in der Frühphase das Ausmaß des initialen Blutungsereignisses zu begrenzen, aufmerksam gemacht werden.

Literatur

Dr. med. Esther Sammler

Neurochirurgische Klinik und Poliklinik der Universität Heidelberg

Im Neuenheimer Feld 400 · 69120 Heidelberg

eMail: esthersammler@med.uni-heidelberg.de