Gesundheitswesen 2006; 68(10): 613-617
DOI: 10.1055/s-2006-927177
Originalarbeit

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Fernseher im Kinderzimmer - ein möglicher Risikofaktor für expressive Sprachstörungen bei 5- und 6-jährigen Kindern

Television in a Child’s Bedroom - a Possible Risk Factor for Expressive Language Impairment in 5- and 6-Year-Old ChildrenR. von Kries1 , W. von Suchodoletz2 , J. Stränger1 , A. M. Toschke1
  • 1Abteilung für Epidemiologie im Kindes- und Jugendalter im Institut für Soziale Pädiatrie und Jugendmedizin der Ludwig-Maximilans-Universität, München
  • 2Institut und Poliklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie der Ludwig-Maximilians-Universität, München
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Publication Date:
10 November 2006 (online)

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Zusammenfassung

Fragestellung: Störungen der expressiven Sprache können durch ein Vielzahl unterschiedlicher Ursachen bedingt sein. Welchen Einfluss haben Vorlesen in der Familie, Fernsehkonsum und ein eigener Fernseher im Kinderzimmer? Patientengut und Methode: In vier Landkreisen in Bayern erfolgte im Rahmen der Schuleingangsuntersuchung eine Untersuchung auf Schwächen bei der Wort- und Satzbildung. Beurteilt wurden: Pluralbildung, Steigerungsformen, Wortstellung im Satz, Verbflexion und Artikelgebrauch. Zusätzlich wurden die Eltern gebeten, einen Fragebogen zu soziodemografischen, biografischen und Lebensstilfaktoren, die den Grammatikerwerb potenziell beeinflussen, zu beantworten. Ergebnisse: In den vier Landkreisen konnten Teilnahmeraten von durchschnittlich 88,3 % erreicht werden. Die Auswertungen erfolgten basierend auf 4851 beantworteten Fragebogen bei fünf und sechs Jahre alten Kindern. Die durchschnittliche Prävalenz von Wort-/Satzbildungsschwächen (mehr als 1 Fehler) lag bei 12,2 % (95 % KI: 11,3 - 13,2 %). Hierbei zeigte sich ein erheblicher Unterschied in Anhängigkeit von der zu Hause gesprochenen Sprache: Kindern, die nicht bilingual aufwuchsen, 9,9 % (95 % KI 8,9 - 10,8 %) versus 44,4 % (95 % KI 32,3 - 54,6 %) bei Kindern, bei denen zu Hause überwiegend nicht Deutsch gesprochen wurde. In der logistischen Regression war nur der eigene Fernseher im Kinderzimmer ein unabhängiger Risikofaktor: OR 1,82 (95 %KI 1,15 - 2,88). Schlussfolgerungen: Ein eigener Fernseher im Kinderzimmer von Vorschulkindern scheint einen Risikofaktor für expressive Sprachstörungen darzustellen.

Abstract

Objective: There are a number of established risk factors for expressive language-impairment. Does reading aloud with children reduce the risk? Are extensive TV viewing and a TV set in the child’s bedroom associated with an increased risk in preschool kids? Patients and Methods: Testing for expressive language impairment was carried out as part of the school entrance health examinations in four Bavarian districts. Testing included: correct use of the plural, comparative/superlative forms, syntax, verb flexion and use of articles (a maximum of 5 mistakes could be made). Parents were asked to answer a questionnaire on a number of biographic, sociodemographic and lifestyle factors potentially related to expressive language impairment. Results: The participation rate in the 4 districts was 88.3 % on average. Complete data were acquired for 3234 children. The prevalence for expressive language impairment (more than one mistake) was 12.2 (95 % CI: 11.3 - 13.2 %). Children who did not speak German predominantly at home were more often affected than children of German nationality: 44.4 % (95 % CI: 32.3 - 54.6 %) versus 9.9 % (95 % CI: 8.9 % - 10.8 %). Logistic regression analyses identified only a TV set in the child’s bedroom as an independent risk factor for expressive language impairment: OR 1.82 (95 % CI: 1.15 - 2.88). Conclusions: Possession of an own TV in a child’s bedroom appears to be an important, independent risk factor for expressive language impairment in preschool children.

Literatur

Prof. Dr. Rüdiger von Kries, Msc

Leiter der Abteilung für Epidemiologie im Kindes- und Jugendalter, Institut für Soziale Pädiatrie und Jugendmedizin, Im Kinderzentrum München der Ludwig-Maximilians-Universität München

Heiglhofstr. 63

81377 München

Email: Prof.von.Kries@GMX.de