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DOI: 10.1055/s-2006-927235
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York
Klinische Forschung vernetzen - 51. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e. V. vom 10. - 14.9.2006 in Leipzig
Publikationsverlauf
Publikationsdatum:
21. November 2006 (online)
Auf dem Universitätscampus der Fakultät Sportwissenschaften der Universität Leipzig trafen sich 800 Interessierte zur Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie mit dem Thema Klinische Forschung vernetzen.
Die Bedeutung klinischer Forschung nimmt für Physiotherapeuten immer mehr zu. Zum einen für diejenigen, die selbst aktiv forschen oder dies zukünftig tun wollen, zum anderen für die, die Forschungsergebnisse „konsumieren”, kritisch lesen und ihre Übertragbarkeit in die Praxis beurteilen (wollen). Dafür ist es erforderlich, sich intensiver mit der klinischen Forschung auseinander zu setzen. Auf dem Kongress gab es dazu Gelegenheit. Zahlreiche interdisziplinäre Sitzungen, Workshops und Tutorien luden zum Verweilen ein.
In einem Tutorium wurde die medizinische Literaturrecherche für Einsteiger mit DIMDI (Deutsches Institut für Medizinische Dokumentation und Information) SmartSearch vorgestellt. Es wendete sich an alle, die außer PubMed noch eine andere Suchmöglichkeit kennen lernen und MEDLINE zusammen mit anderen Literaturdatenbanken absuchen wollen.
Ein weiteres Tutorium und mehrere Seminare beschäftigten sich mit Health Technology Assessments (HTA), dem systematischen Bewerten von Auswirkungen der Anwendung von Therapien und medizinischer Technologien auf die Gesundheit, das Gesundheitssystem und die Gesellschaft.
Ein anderes Tutorium ging auf die in semistrukturierten Interviews gewonnenen Erkenntnisse unter Gesichtpunkten der medizinischen Informatik ein.
In der vielen Sportbegeisterten bekannten Ernst-Grube-Halle waren zahlreiche Poster zur Biometrie und ihrer Anwendung in klinischen Fragestellungen, zur Epidemiologie und vielen anderen Themen zu sehen, die zum fachlichen Austausch einluden.
Ein Seminar behandelte neue Erkenntnisse beim Erstellen und Auswerten von Metaanalysen, die zunehmend auch für Physiotherapeuten an Bedeutung gewinnen. So wurde z. B. die Berücksichtigung der aktuellen Evidenzlage in Leitlinien sehr kritisch diskutiert.
Ein weiteres Highlight war ein Seminar zum Thema Attributable Risiken. Hier diskutierten erstklassige Referenten in anschaulichen Vorträgen verschiedene statistische Möglichkeiten und Erklärungsmodelle sowie ihre Auswirkungen und Kommunikation mit Anwendern und Nutzern. Die Verallgemeinerbarkeit und Kommunikation von Studienergebnissen ist gerade für wissenschaftlich orientierte Physiotherapeuten von wachsendem Interesse.
Ein Beispiel für die Wichtigkeit eines „biometrischen” Austauschs ist die kritische Diskussion eigener Vorurteile. So war von Physiotherapeuten zu lesen, dass die Subgruppenanalyse (Einteilung gewonnener Studienergebnissen in Untergruppen) ein wichtiges Güte- oder Qualitätsmerkmal bei der Beurteilung wissenschaftlicher Studien ist. Im Austausch mit der biometrischen Seite der Betrachtung kommt man jedoch zu anderen Schlussfolgerungen. Die Anwendung von Subgruppenanalysen in klinischen Studien sollte wesentlich kritischer betrachtet werden und ist eher kein Gütekriterium.
Fazit: Für die Beantwortung relevanter physiotherapeutischer Fragestellungen (z. B. Welcher Patient profitiert von welcher Therapie am meisten?) existiert eine Vielzahl wissenschaftlich begründeter Möglichkeiten seitens der Biometrie. Leider nutzen wir aber aus anderen Fachgebieten gegebene Auswertungsmöglichkeiten noch nicht ausreichend. Die weitere Vernetzung und der Austausch auch mit biometrischen Fachleuten könnten für forschende und/oder wissenschaftlich interessierte Physiotherapeuten sehr fruchtbar und erkenntnisreich sein.
Jan Mehrholz, PT, BSc, MPH
Klinik Bavaria, Abt. Intensiv- und Frührehabilitation
An der Wolfsschlucht 1 - 2
D-01731 Kreischa
eMail: jan.mehrholz@klinik-bavaria.de