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DOI: 10.1055/s-2006-941628
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York
Beine K, Engfer R, Bauer M. Tageskliniken für Psychiatrie und Psychotherapie - Quo vadis? Psychiat Prax 2005; 32: 321-323
Publikationsverlauf
Publikationsdatum:
08. Mai 2006 (online)
Tageskliniken für Psychiatrie und Psychotherapie - quo vadis? Die Autoren greifen ein unbestritten wichtiges Thema auf und beziehen sich auf die neuesten Veröffentlichungen auf diesem Gebiet, wobei sie ein inhaltliches Umdenken konstatieren, das für sie Anlass "zur Sorge" gibt. Vor allem geht es dabei um die neuen Patientengruppen, die heute einen wesentlichen Behandlungsschwerpunkt in den Tageskliniken ausmachen: "Ängste, Anpassungs- und Persönlichkeitsstörungen, Ess- und sexuelle Funktionsstörungen sowie jedwede Form von affektiven Störungen". Zugleich würde die "traditionelle Klientel" nicht ausreichend versorgt sein. Damit würde man sich in den Tageskliniken nicht mehr hinreichend um die Schwerstkranken kümmern, "ein Schritt in die falsche Richtung".
Hier ist der kritische Leser nun doch etwas verwundert. Sind denn Tageskliniken für schizophrene Menschen reserviert? Zugegeben, vor allem wegen dieser Patienten sind die ersten Tageskliniken gegründet worden. Aber sollen wir denn wirklich bedauern, dass "diese Gesellschaft es nicht mehr zulässt..., dass Mitarbeiter und Patienten in Tageskliniken alt werden?" Haben wir nicht dafür gekämpft, dass Tageskliniken für alle psychisch Kranken offen stehen, für die eine ambulante Behandlung nicht ausreicht und die nicht vollstationär aufgenommen werden müssen?
Ist es zudem berechtigt, Krankheitsschwere an Diagnosen festzumachen? Auch Patienten mit Depressionen, Persönlichkeitsstörungen bedürfen nicht nur genauso unserer fachlichen Hilfe wie schizophrene, sondern wir sollten auch und gerade der Öffentlichkeit deutlich machen, wie wichtig sie uns sind - nicht nur, wenn es darum geht, ein Überangebot von psychosomatischen Betten zu verhindern.
Nicht wenige sehen es zudem als einen Vorteil an, dass Tageskliniken sich nicht mehr als die in den 80er-Jahren üblich teilstationäre Psychosestation mit teils erheblich residuärem Touch darstellen, sondern eine moderne differenzierte gemeindenahe psychiatrisch-psychotherapeutische Behandlung für ein breites Diagnosespektrum anbieten, was auch Stigmaprobleme überwinden hilft.
Wenn es jedoch tatsächlich so ist, dass Patienten mit Psychosen aus Platzmangel keine tagesklinische Behandlung erhalten, sollten wir handeln! Jedoch nicht, indem wir bestimmte Gruppen ausschließen, sondern indem wir mehr tagesklinische Plätze schaffen! Und eine bessere komplementäre Versorgung! Das wiederum ist eine politische Planungsfrage und hat insofern nichts mit dem geforderten Regionalbudget zu tun.
Prof. Dr. Heinrich Schulze Mönking
St. Rochus-Hospital Telgte
Am Rochus-Hospital
48283 Telgte