Der Klinikarzt 2006; 35(8): XVII
DOI: 10.1055/s-2006-950465
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Herkömmliche Antiphlogistika und Coxibe - Wie hoch ist das Risiko für das Herz?

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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
06. September 2006 (online)

 

Quelle: Kearney PM, Baigent C, Godwin J et al. Do selective cyclo-oxygenase-2 inhibitors and traditional non-steroidal anti-inflammatory drugs increase the risk of atherothrombosis? Meta-analysis of randomized trials. BMJ 2006; 332: 1302-1308

Thema: Noch immer schlagen die Wellen hoch, wenn es um das kardiovaskuläre Risiko von Antiphlogistika geht. Auslöser der Diskussion waren Ergebnisse der VIGOR[1]-Studie: Hier erhöhte sich unter der Medikation mit Rofecoxib die Zahl der Myokardinfarkte um das Fünffache, was letztendlich zu der Marktrücknahme des Medikaments im Jahr 2004 führte. In der Folge gerieten auch andere selektive Inhibitoren der Cyclooxygenase 2 (COX-2-Hemmer) und schließlich auch die gesamte Gruppe der nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR) in Verdacht, das kardiovaskuläre Risiko zu erhöhen. Studien zu diesem Thema schossen fast wie Pilze aus dem Boden.

Projekt: Ein differenzierteres Bild über die kardiovaskulären Risiken dieser Medikamente lässt sich jetzt anhand einer aktuellen Metaanalyse zeichnen. Wissenschaftler der Universität Oxford haben hierfür 138 Studien mit insgesamt 140000 Teilnehmern ausgewertet, die entweder Coxibe mit Plazebo oder mit konventionellen NSAR verglichen.

Ergebnis: Die Einnahme von COX-2-Inhibitoren erhöht demnach das Risiko von schweren kardiovaskulären Ereignissen um relative 42%. Bei 1000 Patienten entspricht dies einem absoluten Risiko von etwa drei Ereignissen pro Jahr. Da die meisten Studien in die gleiche Richtung weisen, dürfte diese Aussage recht zuverlässig sein.

Generell betrachtet war die jährliche Schlaganfall- und Myokardinfarktinzidenz unter nichtsteroidalen Antirheumatika etwa gleich hoch (1,0% unter COX-2-Hemmern, 0,9% unter NSAR). Allerdings waren diese Studien deutlich heterogener - je nachdem, ob Ibuprofen, Diclofenac oder Naproxen gegen einen COX-2-Inhibitor verglichen wurde. Nach den Berechnungen der Forscher steigt das Risiko unter einer Hochdosistherapie mit Diclofenac um 63% und unter hochdosiertem Ibuprofen um 51% (beide Werte waren nicht signifikant). Sicherer dagegen war Naproxen mit einer signifikanten Risikoreduktion von 8%.

Fazit: Mit Ausnahme von Naproxen scheinen also auch die konventionellen nichtsteroidalen Antirheumatika ebenso wie die COX-2-Hemmer mit einem Anstieg kardiovaskulärer Ereignisse assoziiert zu sein und sollten daher generell so kurz wie notwendig und so niedrig dosiert wie möglich gegeben werden, wenn Schmerzen oder Entzündungen gebremst werden sollen. Vor diesem Hintergrund erhält die bessere gastrointestinale Verträglichkeit der Coxibe wieder mehr Gewicht (-50% im Vergleich zu konventionellen NSAR).

Key Words: NSAR - COX-2-Inhibitoren - kardiovaskuläres Risiko - gastrointestinale Verträglichkeit

07 VIoxx Gastrointestinal Outcomes Research

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