ZWR - Das Deutsche Zahnärzteblatt 2006; 115(7/08): 297
DOI: 10.1055/s-2006-951447
Editorial

© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Pessimisten küsst man nicht

Cornelia Gins
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Publication Date:
05 September 2006 (online)

Diese Behauptung steht im Zentrum eines Buches gleichen Titels des amerikanischen Sozialwissenschaftlers und Psychologen Martin Seligmann. Er hat sich mehr als 20 Jahre mit der Frage befasst, warum es Pessimisten und Optimisten gibt. Wieso reagieren Menschen auf gleiche Situationen völlig unterschiedlich? Unbestreitbar ist, dass Optimisten gesünder sind, seltener unter Altersbeschwerden leiden und Widerstände besser überwinden. Pessimisten schreiben sich gern Misserfolge und Niederlagen selber zu. Nicht selten wird hier bereits der Weg in die Depression vorbereitet. Doch eine pessimistische Grundeinstellung ist keineswegs naturbedingt. Vielmehr werden viele Menschen tagtäglich Opfer „erlernter Hilflosigkeit”.

Jeder Mensch ist im Laufe seines Lebens negativen Ereignissen ausgesetzt. Während der Optimist diese Ereignisse als Herausforderung annimmt und aktiv handelt, reagiert der Pessimist mit Niedergeschlagenheit und ist wie gelähmt. Seligmann und sein amerikanischer Kollege John Teasdale kamen zu der Erkenntnis, dass Optimisten und Pessimisten unterschiedliche „Erklärungsmuster” für nachteilige Ereignisse haben. Denkt der Optimist „sei's drum”, hadert der Pessimist mit seinem Schicksal. In der Therapie gilt es nun diese Muster aufzuschlüsseln. Die Autoren entwickelten einen Fragebogen, um so verlässliche Aussagen über die Entstehung und Folgen von Optimismus und Pessimismus zu treffen. Die bislang vorherrschende Meinung, die vielfältigen Ausdrucksformen der Depression seien biologisch bedingt oder wurzelten in neurotischen Konflikten, konnten sie so teilweise widerlegen.

In Anbetracht der im Vorfeld so groß angekündigten und im Nachhinein chaotischen Entscheidungen in der Gesundheitsreform sollten wir die Koalition vielleicht um die Ausgabe dieses Fragebogens bitten, damit wir endlich wissen, ob wir zu der einen oder der anderen Gruppe gehören. Die im Laufe der letzten Jahre getroffenen Fehlentscheidungen, auch im Hinblick auf das Überleben unserer Berufsgruppe, haben inzwischen zu einer gewissen Verunsicherung über unsere mentale Lage geführt. Mit beeindruckender Konsequenz wird alles versucht, unser grundsätzlich positives Denken in negatives umzuwandeln. Nun gut, erlernte Hilflosigkeit wollen wir uns mit Sicherheit nicht nachsagen lassen. Also ran an den Speck, auch wenn er noch klein ist, denn ungeküsste Pessimisten wollen wir in gar keinem Fall sein.

Dr. med. dent. Cornelia Gins

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