Aktuelle Ernährungsmedizin 2006; 31 - V35
DOI: 10.1055/s-2006-954488

18 Monate-Katamnese der stationären Langzeittherapie der extremen juvenilen Adipositas im Rehazentrum Insula

W Siegfried 1, K Kromeyer-Hauschild 1, G Zabel 1, A Siegfried 1, M Wabitsch 2, RW Holl 3
  • 1Rehazentrum Insula, Strub, Bischofswiesen, Institut für Humangenetik und Anthropologie der Universität Jena
  • 2Universitätsklinik für Kinder- und Jugendmedizin Ulm
  • 3Universitätsklinik Ulm, Abteilung Epidemiologie

Einleitung und Ziel: Vor dem Hintergrund wachsender Probleme und finanzieller Belastungen durch Übergewicht vor allem in den Industrienationen stellt sich die Frage nach dem Therapieerfolg immer drängender. In der vorliegenden Katamnesestudie wurde 18 Monate nach dem Ende einer stationären Langzeittherapie der Therapieerfolg nachuntersucht. Patienten und Methode: Im Rehazentrum Insula werden extrem übergewichtige jugendliche und junge erwachsene Patienten (Durchschnittsalter bei Therapiebeginn 15,92±2,23 Jahre), mit einem jährlich steigenden, mittleren Aufnahme-BMI von aktuell 41,7kg/m2 behandelt. Therapeutisch im Vordergrund stehen eine lösungsorientierte Psychotherapie mit Verhaltenstherapie, Sporttherapie, Ernährungstherapie, sowie auch eine eingehende medizinische Diagnostik und Therapie der Adipositas-Folgekrankheiten. Es wurden 98 konsekutiv entlassene Patienten der Jahre 2003 und 2004 mithilfe der Hausärzte nachuntersucht.

Ergebnis: Am vollen Therapieprogramm, welches sich im Mittel über 5,74±2,20 Monate erstreckte, haben 31 männliche (36,5%) und 54 weibliche Patienten (63,5%) teilgenommen. 13 der untersuchten 98 Patienten beendeten die Therapie vorzeitig. Im Durchschnitt betrug der Aufnahme-BMI 41,52±6,70kg/m2 und der Aufnahme BMI-SDS 3,23±0,41. Der durchschnittliche Entlassungs-BMI lag bei 33,85±5,59kg/m2 bzw. BMI-SDS 2,52±0,54. Während der Therapie kam es also zu einer statistisch signifikanten Verringerung des BMI-SDS. Von den 85 Patienten mit vollständiger Langzeittherapie liegen 67 hausärztliche Rückmeldungen (=78,82%) vor. Die Nachbeobachtungszeit, (die Zeit zwischen Therapieende und Rückmeldung) der 67 Patienten betrug 17,76±3,23 Monate. Der gesamte Katamnesezeitraum umfasst somit durchschnittlich 23,5 Monate. Zum Zeitpunkt der Nachbeobachtung (Rückmeldung) lag der durchschnittliche BMI bei 38,26±7,21kg/m2 bzw. der BMI-SDS bei 2,84±0,60. Somit ist eine BMI-SDS-Abnahme in der Katamnese bei 82,7% (n=54) der 67 Patienten mit Rückmeldung nachweisbar. Wertet man alle fehlenden Rückmeldungen und „Abbrecher“ als Misserfolg (Intention to treat; ITT), so liegt der Langzeiterfolg – also eine Verringerung des BMI-SDS – bei 55,1%. Schließt man das Kollektiv weiter nach dem Grad des Therapieerfolges auf, dann findet man bei 41 Patienten (41,8%) eine BMI-SDS-Abnahme, die größer als 0,2 Standardabweichungen ist. 21 Patienten (21,4%) konnten ihren BMI-SDS sogar mindestens um 0,5 verbessern. Schlussfolgerung: Auf der Basis des guten Langzeiterfolges und der nachweisbaren Reversibilität von Folgeerkrankungen bei extrem adipösen Jugendlichen ist es sinnvoll, eine spezifische, stationäre Langzeittherapie bei guter Motivation anzubieten. Eine intensivere ambulante und vernetzte Nachbetreuung dieser Patienten am Heimatort durch professionelle Weiterversorgung von Allgemeinärzten, Internisten, Pädiatern und Psychologen kann die vorgestellten Langzeitergebnisse sicher noch weiter verbessern.