Psychiatr Prax 2007; 34(1): 42-45
DOI: 10.1055/s-2006-959063
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Therapie und Begutachtung psychischer Traumata im Spiegel der Belletristik

Teil 2: Der Zweite Weltkrieg aus der Sicht zorniger Veteranen[*]
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Publication Date:
31 January 2007 (online)

 

Einleitung

Wie die Entwicklung der Psychotraumatologie selbst, so folgt auch der hier unternommene Beitrag zu einer Kulturgeschichte dieser Subdisziplin in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts den durch die Weltkriege gesetzten Zäsuren. Doch mit zunehmender Annäherung an die Gegenwart müssen die Aussagen mit wachsender Vorsicht getroffen werden; allzu unabgeschlossen erscheint die psychiatriehistorische Forschung auf diesem Gebiet, allzu vielschichtig die Faktenlage. Dennoch sollen hier einige Generalisierungen gewagt werden, welche den Umgang mit psychisch traumatisierten Kriegsteilnehmern bei den Westalliierten und mutatis mutandis auch im Dritten Reich betreffen. Auf die deutsche Situation soll weiter unten noch gesondert eingegangen werden. Stillschweigende Einigkeit scheint bei den Kriegsparteien darüber geherrscht zu haben, dass die personellen Ausfälle aus dem Ersten Weltkrieg sich nicht wiederholen durften. Dementsprechend wurden teilweise erhebliche Anstrengungen unternommen, um Prävention, Frühdiagnostik und Behandlungswege zu verbessern, und das hieß: zu straffen. Teil dieses sehr viel offensiveren Vorgehens war auch, jede Form von sekundärem Krankheitsgewinn möglichst zu vereiteln, also Freistellungen zu vermeiden, Pensionsansprüche zu reduzieren und insgesamt eher disziplinarische als therapeutische Methoden anzuwenden ([1], S. 165f.). So wurde beispielsweise die wegweisende Arbeit des noch von Freud analysierten US-amerikanischen Psychoanalytikers Abram Kardiner über traumatische Kriegsneurosen nur äußerst zögerlich rezipiert, obwohl sie seit 1941 vorlag ([idem], S. 154f., S. 197; [2],[3]).

Die Vertreter der beteiligten Fächer verstanden diese Situation überwiegend als Chance, die Leistungsfähigkeit ihrer eigenen Schulrichtung unter Beweis zu stellen. Für die Neuropsychiatrie bedeutete dies vor allem, dass die neu entstandenen biologischen Therapieoptionen zur breiten Anwendung kommen und verfeinert werden sollten, während andererseits auch psychotherapeutische Verfahren sich ausdifferenzierten. Wie bezogen die Akteure Stellung, wenn militärischer Auftrag und ärztliches Ethos in der Behandlungsrealität kollidierten? In den folgenden beiden in der Nachkriegszeit entstandenen Romanen ziehen ein britischer und ein amerikanischer Kriegsteilnehmer eine vernichtende Bilanz.

01 Teil 1 finden Sie in Psychiat Prax Heft 8/2006, S. 401.

Literatur

  • 01 Shephard B . A War of Nerves. Soldiers and Psychiatrists 1914-1994.  London: Pimlico. 2002; 
  • 02 Priebe S . Nowak M . Schmiedebach H.-P. . Trauma und Psyche in der deutschen Psychiatrie seit 1889.  Psychiat Prax. 2002;  29 3-9
  • 03 Kamolz S . et al . Die posttraumatische Belastungsstörung: Teil 1 - Eine Übersicht.  Krankenhauspsychiatrie. 2003;  14 11-118
  • 04 Heppenstall R . The Lesser Infortune.  London: Cape. 1953; 
  • 05 Heller J . Catch 22.  Frankfurt am Main: Fischer. 1994 (1961); 
  • 06 Heller J . Endzeit.  Frankfurt am Main: Fischer. 1997 (1994); 
  • 07 Borchert W . Das Gesamtwerk.  Reinbek bei Hamburg: Rowohlt. 1991 (1949); 
  • 08 Koeppen W . Tauben im Gras.  Frankfurt am Main: Suhrkamp. 1999 (1951); 
  • 09 Böll H . Billiard um halbzehn.  München: Deutscher Taschenbuch Verlag. 1984 (1959); 
  • 10 Grass G . Im Krebsgang.  Göttingen: Steidl. 2002; 
  • 11 Sebald WG . Luftkrieg und Literatur.  Frankfurt am Main: Fischer. 2001 (1999); 
  • 12 Sebald WG . A natural history of destruction.  The New Yorker. 2002:;  66-67
  • 13 Kloocke R . Schmiedebach H-P . Priebe S . Psychisches Trauma in deutschsprachigen Lehrbüchern der Nachkriegszeit - die psychiatrische "Lehrmeinung" zwischen 1945 und 2002.  Psychiat Prax. 2005;  32 327-333
  • 14 Lockot R . Erinnern und durcharbeiten. Zur Geschichte der Psychoanalyse und Psychotherapie im Nationalsozialismus.  Gießen: Psychosozial. 2002 (1985); 
  • 15 Roth KH . Die Modernisierung der Folter in den beiden Weltkriegen: Der Konflikt der Psychotherapeuten und Schulpsychiater um die deutschen "Kriegsneurotiker" 1915-1945.  1999 Zeitschrift für Sozialgeschichte des 20. und 21. Jahrhunderts. 1987;  2 (3) 8-75
  • 16 Riedesser P . Verderber A . "Maschinengewehre hinter der Front" Zur Geschichte der deutschen Militärpsychiatrie.  Frankfurt am Main: Fischer. 1996; 

01 Teil 1 finden Sie in Psychiat Prax Heft 8/2006, S. 401.