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DOI: 10.1055/s-2007-1001788
Minimale zerebrale Dysfunktion - Zur Revision eines klinischen Konzeptes
Erhebungen an einer vollständigen kinder- und jugendpsychiatrischen InanspruchnahmepopulationMinimal Cerebral Dysfunction - Revision of a Clinical ConceptPublication History
Publication Date:
09 January 2008 (online)
Abstract
After a discussion of the changes of the MCD concept over the years, the authors describe their own investigation of a total sample of 3280 children, attending outpatient and inpatient facilities of three counties with a total population of 574000 inhabitants. The aim of the study was to investigate the frequency, sex distribution, and social class dependency of the MCD-diagnosis and its relationship to clinical-psychiatric syndromes. The following results were obtained:
There is a strong correlation of MCD-diagnosis with age, sex, and social class. MCD was most frequently diagnosed in the age groups of 3-6, 6-9 and 9-12 years, being twice as frequent in boys than in girls and dominating among the lower social classes. The frequency of MCD in the total sample was 11%, taking into consideration all age-classes. MCD was significantly associated only with two psychiatric syndromes: conduct disorders and hyperkinetic syndrome. There was no correlation with emotional disorders or neurosis, however, a very strong one with specific delays in development, defined according to the multiaxial classification system. 72% of the children diagnosed as MCD-children revealed specific delays in development. But this high correlation was caused only by two conditions: developmental speech/language disorders and specific motor retardation. There was no correlation between MCD and specific reading retardation nor with other specific learning difficulties or mixed developmental disorders. Future research in this field should look upon the so called MCD more in terms of general developmental delays than in terms of brain pathology.
Zusammenfassung
Nach Diskussion der historischen Wandlungen des MCD-Begriffes wird eine eigene Untersuchung an einer vollständigen kinder- und jugendpsychiatrischen Inanspruchnahmepopulation (n = 3280) in drei Landkreisen mit insgesamt 574000 Einwohnern geschildert. Sie geht der Frage nach Häufigkeit, Geschlechterverteilung, Schichtabhängigkeit und Assoziation mit psychiatrischen Erkrankungen und Entwicklungsstörungen von MCD-Kindern nach und kommt zu folgenden Ergebnissen:
Die Diagnose MCD ist in hohem Maße alters-, geschlechtsund schichtabhängig. Sie wird am häufigsten in den Altersgruppen der 3-bis 6jährigen, der 6-bis 9jährigen und der 9-bis 12jährigen gestellt, tritt bei Jungen mehr als doppelt so häufig auf wie bei Mädchen und dominiert in den unteren sozialen Schichten. Ihre Verbreitung in der Inanspruchnahmepopulation betrug, unter Einschluß aller Altersklassen, 11.1%. Die Diagnose MCD war nur mit 2 psychiatrischen Syndromen überzufällig häufig assoziiert: mit Störungen des Sozialverhaltens und mit dem hyperkinetischen Syndrom.
Kein statistisch bedeutsamer Zusammenhang ergab sich mit neurotischen Störungen und spezifischen emotionalen Störungen. Eine besonders enge Beziehung konnte zwischen der Diagnose MCD und umschriebenen Rückständen der Entwicklung (Teilleistungsstörungen) nachgewiesen werden. In rund 72% der MCD-Fälle lag ein umschriebener Entwicklungsrückstand vor. Dieser hochsignifikante allgemeine Zusammenhang kommt jedoch nur durch zwei Teilleistungsschwächen zustande: durch umschriebene Rückstände in der Sprech- und Sprachentwicklung und durch solche der motorischen Entwicklung. Er gilt nicht für die umschriebene Lese-Rechtschreibschwäche, andere umschriebene Lernstörungen oder für multiple Entwicklungsrückstände. Diese starke Assoziation der MCD-Diagnose mit Teilleistungsschwächen legt nahe, das bisherige MCD-Konzept zu revidieren und in der Diagnostik, der Therapie und der Forschung den Entwicklungsaspekt stärker in den Vordergrund zu rücken.