Fortschr Neurol Psychiatr 1987; 55(7): 205-222
DOI: 10.1055/s-2007-1001823
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Das erworbene Immundefektsyndrom(AIDS)

II. Klinische Aspekte unter besonderer Berücksichtigung der neuropsychiatrischen ManifestationenThe Acquired Immunodeficiency Syndrome (AIDS)II. Clinical Aspects with Special Regard to Neuropsychiatric ManifestationsJudith  Negele , Wolfgang P. Kaschka
  • Psychiatrische Klinik mit Poliklinik der Universität Erlangen-Nürnberg
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
10. Januar 2008 (online)

Abstract

Opportunistic infections and neoplasias, which led to the identification and characterisation of AIDS, are the most common manifestations of this disease. The present review gives a comprehensive presentation of the current knowledge on the opportunistic infectious agents concerned and on the resulting clinical pictures with special emphasis on neuropsychiatric symptomatology. Prior to the development of the full syndrome of AIDS, a number of intermediate steps can be observed, the most important of which is persistent generalised lymphadenopathy (PGL). For all stages of the disease, problems of clinical course, risk of transmission, and prognosis are discussed in detail.

Neuropsychiatric manifestations of AIDS can occur as sequelae of opportunistic infections, AIDS-associated neoplastic processes or of the retrovirus infection itself. In a number of cases neuropsychiatric manifestations are the presenting symptoms of the disease. Since neuropsychiatric symptoms such as organic brain syndrome or dementia represent crucial determinants of prognosis, they have to be considered in the planning of long-term care for the AIDS patient. Due to certain epidemiological features such as an exponential increase of its incidence during the last few years and the preferential occurrence in homosexuals and drug addicts, AIDS has brought about a number of important psychosocial effects. Since an efficient chemotherapy is not yet available and long-term prognosis is poor, AIDS patients often become isolated, and even medical professionals avoid to have contact with them. To reduce an exaggerated fear of being infected by the AIDS virus and to gain the competence for realistic assessment of the remaining risks, it is necessary to acquire a profound knowledge of the disease.

Zusammenfassung

Opportunistische Infektionen und neoplastische Prozesse bilden die häufigsten Manifestationen der AIDS-Erkrankung und waren bei der Entdeckung dieses Syndroms wegweisend. In der vorliegenden Übersicht werden die in Betracht kommenden Erreger und die durch sie hervorgerufenen Krankheitsbilder umfassend dargestellt, wobei die neuropsychiatrische Symptomatologie einen besonderen Schwerpunkt bildet. Bevor sich das Vollbild von AIDS entwickelt, werden eine Reihe von Zwischenstufen durchlaufen, beginnend mit der klinisch inapparenten Virusinfektion. Diese Zwischenstufen, deren wichtigste die persistierende generalisierte Lymphadenopathie darstellt, sind heute gut charakterisiert. Auf Fragen der Infektiosität, der klinischen Verlaufsdynamik und der Prognose wird im einzelnen eingegangen.

Neuropsychiatrische Manifestationen des AIDS können sowohl durch opportunistische Infektionen als auch durch AIDS assoziierte neoplastische Prozesse oder die Retrovirusinfektion selbst bedingt sein. Meist entwickeln sie sich erst nach längerem Krankheitsverlauf, können gelegentlich aber auch die Initialsymptomatik bestimmen. Da die Prognose im Einzelfall vom Auftreten neuropsychiatrischer Komplikationen, wie hirnorganischer Psychosyndrome und Demenzen, entscheidend mitbestimmt wird, gibt gerade dieser Bereich Anlaß zu besonderen gesundheitspolitischen Überlegungen bei der Planung einer adäquaten längerfristigen Versorgung der AIDS-Kranken.

Aufgrund bestimmter epidemiologischer Charakteristika, wie einer exponentiellen Zunahme der Inzidenz in den letzten Jahren und des bevorzugten Befalls bestimmter Risikogruppen (Homosexuelle, intravenös Drogenabhängige) hat AIDS erhebliche psychosoziale Wirkungen gezeitigt.

Da effiziente Behandlungsverfahren noch nicht zur Verfügung stehen und mit einem letalen Ausgang zu rechnen ist, wird der Umgang mit AIDS-Kranken nicht nur von der Durchschnittsbevölkerung, sondern auch vom medizinischen Personal aus einer übersteigerten Furcht vor Ansteckung häufig vermieden. Im Interesse der Betroffenen ist hier die Vermittlung profunder Kenntnisse, welche die Voraussetzung für eine realistische Einschätzung gegebener Risiken bilden, von außerordentlicher Bedeutung.