Zusammenfassung
Unter den im Hirnstamm verschalteten Reflexen ist heute der elektrisch ausgelöste
Blinzelreflex in der Routinediagnostik fest etabliert. Versuche, über den visuellen
oder akustischen Afferenzkanal Zusatzinformation zu gewinnen, sind auf singulare Studien
beschränkt geblieben, sie können die spezifische Diagnostik mittels VEP und AEP nicht
ersetzen. Ein interessanter neuer Ansatz bietet sich für die Differenzierung extrapyramidal-motorischer
Krankheiten am Beispiel des Recovery-Index. Die größte lokalisatorische Verläßlichkeit
kommt der R1-Komponente zu. Der Masseterreflex wird demgegenüber erst an wenigen Instituten
genutzt, obwohl er in lokalisatorischer Hinsicht dem Blinzelreflex eher überlegen
ist. In zunehmender Häufigkeit wird auch der Masseterhemmreflex klinisch eingesetzt;
eine Einigung über standardisierte Auswerteverfahren könnte hier weiterhelfen. Bei
peripheren Schädigungen der Hirnnerven bietet sich die Untersuchung der über die Hirnnerven
ausgelösten Reflexe in vielen Fällen als Methode der Wahl an. Im Bewußtsein des Klinikers
ist noch wenig verankert, dass Funktionsstörungen, wie sie durch Reflexveränderungen
angezeigt werden, auch ohne in der Bildgebung darstellbare Strukturschädigung als
sicherer Läsionshinweis gelten können. Gegenüber der Bildgebung haben Reflexuntersuchungen
den Vorteil, praktisch beliebig wiederholbar zu sein, so dass sie ein ideales Maß
für Verlaufskontrollen abgeben.
Summary
Among the brainstem reflexes, the electrically evoked blink reflex is now established
as a routine diagnostic parameter. Utilising the visual and acoustic afferents did
not yield substantial additional information, so that the evoked potentials (i.e.
VEP and BAEP) remain the diagnostic tools of first choice. Interesting new results
have been worked out concerning the recovery index of the R2 blink response in movement
disorders. The R1 component is highly useful in localising lesions. On the other hand,
to date the masseter reflex is used by only a small number of physicians although
its efficacy in respect of localisation is superior to the blink reflex in several
aspects. Functional disturbances are more clearly indicated by reflex abnormalities
as compared to imaging studies. Reflex investigations are particularly useful in follow-up
studies and can be applied repeatedly. There are special conditions, such as 3rd nerve
palsy, in which brainstem reflex studies are strongly indicated.