Geburtshilfe Frauenheilkd 1996; 56(8): 397-400
DOI: 10.1055/s-2007-1023252
Risikogravidität

© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Intensivüberwachung des Feten sub partu oder die Qualität klinischer Forschung

Fetal Monitoring, or: The Quality of Clinical ResearchH. Schneider
  • Universitäts-Frauenklinik, Bern (Direktor: Prof. Dr. H. Schneider)
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Publication Date:
17 June 2008 (online)

Zusammenfassung

Die erste prospektiv randomisierte Studie zum Vergleich der Überwachung des Feten in der Eröffnungsund Austreibungsphase durch systematische Auskultation gegenüber kontinuierlichem CTG, die zeigte, daß die kontinuierliche CTG-Überwachung mit einem deutlich höheren Sektiorisiko verbunden ist, ohne daß sich signifikante Vorteile für das Neugeborene nachweisen ließen, ist von zahlreichen Perinatalmedizinern mit großer Skepsis aufgenommen worden. Inzwischen wurden diese Ergebnisse durch insgesamt 8 weitere prospektiv randomisierte Vergleichsuntersuchungen bestätigt. Im Zusammenhang mit der dadurch ausgelösten Kontroverse um die Überwachung des Feten während der Geburt wurde kürzlich auch der Nutzen des prospektiv randomisierten Studienansatzes generell in Frage gestellt. In der klinischen Forschung kommen bei der Prüfung diagnostischer wie auch therapeutischer Verfahren verschiedene Studienprotokolle zum Einsatz. Für eine erste Meinungsbildung werden in der Regel unkontrollierte Beobachtungsstudien verwendet, die eine weitere Bestätigung der ersten Eindrücke durch Vergleiche mit historischen Kontrollen aus der Zeit vor Einführung der neuen Methode erfahren. Auch retrospektive oder prospektive Untersuchungen mit nach dem „matched pair“-Verfahren ausgewählten Kontrollen können zur Unterstützung der Hypothese beitragen. Der Goldstandard aller Prüfverfahren ist jedoch die prospektive randomisierte Vergleichsstudie, in der Patientinnen nach dem Zufallsprinzip einer Untersuchungs- bzw. Kontrollgruppe zugeteilt werden. Wenn es das zu prüfende Verfahren zuläßt, sollte diese Zuteilung doppelblind erfolgen, d.h. sowohl die Untersuchungsperson, als auch der Untersucher kennen das Ergebnis der zufallsmäßigen Zuteilung nicht. Dies ist bei Studien zum Vergleich von Methoden zur Überwachung des Feten aus praktischen Gründen kaum möglich. Nur durch das prospektiv randomisierte Studienprinzip können alle zusätzlichen Variablen in ihrem Einfluß auf das zu messende Ergebnis durch gleiche Verteilung auf Untersuchungs- und Kontrollgruppe weitgehend ausgeschaltet werden. Dieses Vorgehen erlaubt auch die Korrektur für unbekannte Faktoren, d.h. von Variablen, von denen ein Einfluß auf das Meßergebnis nicht bekannt ist. Angesichts der raschen Fortschritte in der Perinatalmedizin mit der Entwicklung immer neuer Verfahren im diagnostischen und thera peutischen Bereich ist auch für dieses Gebiet der Medizin die kritische Prüfung der neuen Methoden mit Hilfe der prospektiv randomisierten Methode zwingend. Der klinische Forscher hat gegenüber den Patienten eine moralische Verpflichtung zur Auswahl der Methode, die für den Patienten ein Maximum an Nutzen bei einem Minimum an Schaden bringt. Angesichts der immer knapper werdenden Ressourcen besteht auch gegenüber der Gesellschaft die Verpflichtung zur kritischen Prüfung und entsprechender Selektion neuer Verfahren, um die vorschnelle Ausbreitung von Methoden mit fraglichem Nutzen oder wenn der Nutzen in einem unvernünftigen Verhältnis zu dem erforderlichen Aufwand steht, zu vermeiden.

Abstract

The first prospective randomised study comparing intermittent auscultation of the fetal heart rate with continuous electronic monitoring during labour and delivery, which showed an increased rate of Caesarean sections in the group with electronic monitoring without significant benefit to the newborn, met with great scepticism on the part of many perinatologists. Meanwhile, 8 additional prospective randomised trials confirmed the first results. The debate concerning the benefit and need of fetal monitoring during labour has even generated doubts regarding the need for, and benefit of, prospective randomised studies. Various study designs have been used in clinical research to test new diagnostic and therapeutic methods. Observational studies generally provide first impressions which are then strengthened by comparison of study patients with historical controls from the time before the introduction of the new method. Retrospective or prospective matched pair studies may also Support the initial hypothesis. The gold standard of all designs is undoubtedly the prospective randomised trial. A double blind randomisation should be performed if feasible, in which neither the subject concerned nor the investigator are aware as to how the patient has been assigned. Only by a prospective randomised study design, known and unknown variables which may affect the outcome can be controlled and will not interfere with the assessment of the new method, since they will appear in equal measure both in the study and in the control group. In view of the rapid development of the discipline of perinatal medicine, with the evolvement of manifold new diagnostic and therapeutic methods, a critical assessment of these methods using the principle of the prospective randomised study design, is imperative. The clinical investigator has a moral obligation towards the patient to select that method which is of maximum benefit with minimum risk to the patient. In addition, in view of the drastic need for controlling expenditure in health care, it is in the interest of society that the use of methods with questionable benefit or with an unreasonable cost-benefit ratio is avoided by means of critical assessment and selection.