Geburtshilfe Frauenheilkd 1996; 56(8): 414-417
DOI: 10.1055/s-2007-1023256
Risikogravidität

© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Glukosetoleranz in der Schwangerschaft und Fruchtwasserinsulin bei der Geburt

Glucose Tolerance in Pregnancy and Amniotic Fluid Insulin at BirthU. Schäfer1 , J. Dupak1 , T. Heinze2 , J. W. Dudenhausen2 , K. Vetter1
  • 1Abteilung für Geburtsmedizin, Krankenhaus Neukölln, Berlin
  • 2Abteilung für Geburtsmedizin, Universitätsklinikum Rudolf-Virchow, Berlin
Weitere Informationen

Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
17. Juni 2008 (online)

Zusammenfassung

Die mütterliche Glukosetoleranz in der Schwangerschaft wird durch einen oralen Glukosetoleranztest (oGTT) bestimmt. Ziel dieser Studie war zu erfassen, ob die Gefährdung des Feten durch die Entstehung eines Hyperinsulinismus entsprechend dem Resultat des oGTT richtig eingeschätzt wurde. Es wurde untersucht, ob zwischen dem oGTT sowie der mittleren Blutglukose (MGB) und dem fetalen Glukosestoffwechsel, gemessen an den Insulinspiegeln im Fruchtwasser (FW-Ins) zum Zeitpunkt der Entbindung, ein Zusammenhang besteht. Bei 158 Entbindungen wurde subpartal Fruchtwasser gewonnen. Bei 136 Proben lagen die Insulinspiegel unter, bei 22 über dem Grenzwert von 7 μU/ml. In allen Fällen war ein oGTT in der Schwangerschaft durchgeführt worden. Als Grenzwerte für eine gestörte Glukosetoleranz wurden Blutzuckerwerte von 95/165/145/125 mg% nach Belastung angenommen. Damit hatten 52 Frauen einen normalen oGTT, 28 einen pathologischen Wert (IGT) und 78 mit 2 pathologischen Werten einen Gestationsdiabetes (GDM). Bei normalem oGTT fanden sich 6%, bei IGT 29% und bei GDM 14% erhöhte FW-lns Werte (p = 0,02). Die MBG lag in Fällen von normalem FW-lns bei 83 mg%, bei erhöhtem Insulin bei 92mg% (p = 0,02). Ein Hyperinsulinismus des Feten fand sich somit bei grenzwertiger Glukosetoleranz der Mutter (IGT) doppelt so häufig wie beim GDM. Der IGT hat größere Auswirkungen auf den Feten als bisher angenommen. Dies könnte durch ungenügende therapeutische Intervention oder durch eine sich im Laufe der Schwangerschaft verschlechterte Glukosetoleranz bedingt sein. Die Diagnose IGT sollte dem GDM entsprechende therapeutische Maßnahmen und intensiverer Überwachung des Feten nachsichziehen.

Abstract

Maternal glucose tolerance in pregnancy is determined by an oral glucose tolerance test (oGTT). The presented study deals with the question whether the risk of the fetus developing hyperinsulinism can be correctly estimated by the result of the oGTT. Investigations were made if there is a correlation between the oGTT and the mean blood glucose levels (MBG) and the fetal glucose metabolism measured by amniotic fluid insulin (AFI) at birth. 158 amniotic fluid samples were collected during labour. In 136 samples insulin levels below the threshold of 7 μU/ml were found, in 22 samples above 7 μU/ml. An oGTT was performed in all pregnancies (threshold: 95/165/145/125 mg %). 52 women showed normal oGTT, 28 had impaired glucose tolerance (IGT) with one pathologic value and 78 women had gestational diabetes (GDM) with two elevated values. Elevated insulin levels > 7 μU/ml were found in 6% of the cases with normal oGTT, in 29% of the cases with IGT and in 14% when GDM was diagnosed (p = 0.02). The MBG was significantly higher in cases with elevated AFI than with normal AFI, 92 mg % versus 83mg% (p = 0.02). Therefore hyperinsulinism of the fetus was found twice as often in cases with IGT than in GDM diagnosed by oGTT. Borderline glucose tolerance with only one pathologic value in the oGTT has more affect on the fetal glucose metabolism than has been assumed up to now. This may be caused by insufficient therapeutic intervention and deterioration of glucose tolerance during pregnancy. The diagnosis of IGT should be followed by therapeutic efforts and intensive care of the fetus as in cases of GDM.