Z Sex Forsch 2007; 20(1): 1-20
DOI: 10.1055/s-2007-960552
Originalarbeit

© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Heterosexuelle Freier - zwischen Intimate citizenship und Sexismus

Ergebnisse einer qualitativen InterviewstudieS. Grenz1
  • 1Humboldt-Universität zu Berlin, Zentrum für transdisziplinäre Geschlechterstudien, Graduiertenkolleg „Geschlecht als Wissenskategorie”
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Publication Date:
20 March 2007 (online)

Übersicht:

In einer narrativen Interviewstudie mit 19 heterosexuellen männlichen Prostitutionskunden untersucht die Autorin, inwieweit die Geschichten, die Freier über sich erzählen, dem Ideal pluraler sexueller Lebensstile oder der traditionellen Geschlechterordnung folgen. Zunächst wird analysiert, wie sich Freier Sex-Arbeiterinnen gegenüber verhalten und welches Wissen benötigt wird, um als Freier fair und erfolgreich zu sein. Im zweiten Teil werden die Geschlechterbilder herausgearbeitet, mit denen die Befragten ihre Geschichten unterfüttern. Schließlich geht es um die Ambivalenz beim Bezahlen für sexuelle Dienstleistungen. Es zeigt sich, dass nicht nur in der Befriedigung sexueller Wünsche, sondern auch im Begehren selbst Sexualpolitiken zum Ausdruck kommen. Im Sinne Foucaults ist das Begehren der Freier in zweifacher Weise von Macht durchzogen: Begehren wird durch Macht geprägt, und Macht wird über das Begehren wirksam - sowohl im Verhältnis zu sich selbst als auch zu anderen.

Literatur

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1 Dodillet (2006) analysiert die diesbezüglichen Parlamentsdebatten und deren Ideengeschichten.

2 Ihme (2006) interpretiert den Medien-Diskurs über die Freierkampagnen und deren Männlichkeitsbild.

3 Auf der im November 2003 von agisra e. V. und der GTZ veranstalteten Fachtagung zu Freiern äußerte Stephanie Klee, die sich in der Prostituiertenbewegung stark engagiert, dass sie an den Freiern, die zu ihr kämen, sehen könne, wie unterdrückt Sexualität in unserer Gesellschaft sei. Denn diese hätten gar keine Fantasie, könnten ihre sexuellen Wünsche nicht artikulieren und wollten immer nur „das Normale”.

4 Vgl. Grenz (2007: 37 ff) für eine detaillierte Darstellung und Reflexion der Interviewmethodik.

5 Vgl. Rothe (1997: 41), die in ihrer Studie über Prostitutionskunden in Thailand ähnliche Erfahrungen macht.

6 Vgl. auch die Hydra-Studie (1991: 148): „Die Gründe für das Negieren beziehungsweise Verschweigen des Freierseins reichen von der Angst, die Partnerin könne danach lange den Geschlechtsverkehr verweigern, über die Sorge, es könne Streit geben und damit einhergehend könne eine Erklärung/Rechtfertigung notwendig werden, bis hin zur Furcht vor ‚Unverständnis’ und Trennung.”

7 Vgl. z. B. www.bordellcommunity.com/cms/cms/Home/.

8 Vgl. hierzu die Diskussion bei Velten (1994: 62 ff). Velten spricht auch von der Identität als Freier (ebd.: 205).

9 Vgl. Ahlemeyer (2002: 96 f) über Konflikte beim Aushandeln der einzelnen sexuellen Dienstleistungen.

10 Vgl. Sanders (2005: 72 f) über Sicherheits-Strategien von Prostituierten, die einerseits in sehr bewusster Freundlichkeit, andererseits im Setzen klarer Grenzen Ausdruck finden.

11 Vgl. Grenz (2007: 85 ff) für eine detaillierte Analyse der Geschlechterbilder, die hier nur grob skizziert werden können.

12 Vgl. ZDF-Nachtstudio „Wie käuflich darf die Liebe sein” vom 12. Juni 2006, in dem dieses „Argument” ebenfalls mehrfach vorgetragen wurde.

13 Der Vollständigkeit halber muss hinzugefügt werden, dass die Ehefrau sich bei einem zu rohen Ehemann einen Geliebten suchen könnte. Allerdings wurde dies ebenso wie die dauerhafte Geliebte des Mannes nur als Gefahr und nicht als legitime Alternative beschrieben (vgl. Sarasin 2001: 398).

14 Vgl. Eder (2002) über die Koinzidenz der Entwicklung von hetero- und homosexueller Identität sowie dem Moment, dass männliche Beziehungen berührungsärmer wurden.

15 Vgl. Grenz (2007: 86 ff) für eine nähere Ausführung zu latenter Homophobie in den Interviews.

16 Vgl. Ahlemeyer (2002: 123 f) über die Annahme der Freier, alles sei käuflich, die von den interviewten Sex-Arbeiterinnen allerdings bestritten wird.

17 Was weder ausschließt, dass Sex-Arbeiterinnen ihre Arbeit gerne tun, noch, dass sie manche Freier besonders mögen (Sanders 2005: 2).

Dr. phil. S. Grenz

Humboldt-Universität zu Berlin · Zentrum für transdisziplinäre Geschlechterstudien

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10117 Berlin

Email: sabine.grenz@gender.hu-berlin.de