intensiv 2007; 15(5): 221-229
DOI: 10.1055/s-2007-963375
Intensivpflege

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Aspekte der Intensivpflege und -überwachung eines Patienten mit einer interventionellen Lungenassistenz (iLA)

Axel Hillebrandt1 , Oliver Rothaug2 , Arnold Kaltwasser3 , Rolf Dubb4 , Markus Hekler4
  • 1Internistische Intensivstation 1022, Universitätsklinikum Göttingen
  • 2Zentrum Anästhesiologie, Rettungs- und Intensivmedizin Anästhesiologie II - Operative Intensivstation 011, Universitätsklinikum Göttingen
  • 3Klinikum am Steinenberg, Weiterbildung Intensivpflege Reutlingen
  • 4Klinikum Stuttgart, Operative Intensivstation Stuttgart
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Publication Date:
12 October 2007 (online)

Einleitung

Das akute Lungenversagen (ARDS) - acute respiratory distress syndrom - bzw. ALI - acute lung injury - ist ein Krankheitsbild, das eine akute Störung der Lungenfunktion des Patienten beschreibt. Als Auslöser kommen unter anderem Pneumonien, ein septisches Krankheitsgeschehen, eine Polytraumatisierung, Massivtransfusionen, Schockzustände, Aspiration von sauren Magensekreten oder auch eine Pankreatitis in Betracht. Das ARDS ist gekennzeichnet durch eine schwere Gasaustauschstörung infolge alveolärer Infiltration, interstitiellem Ödem und der Entwicklung von Atelektasen. Der Organismus des Patienten ist vor allem durch eine Mangelversorgung mit Sauerstoff akut bedroht, parallel kann sich eine schwerste, metabolisch nicht zu kompensierende Hyperkapnie entwickeln. Um diese Bedrohungen zu reduzieren, wird in der Therapie des ARDS der Fokus insbesondere auf die Wiederherstellung des pulmonalen Gasaustausches durch die adäquate Anpassung der Respiratortherapie gerichtet. Um das arterielle Blut des Patienten ausreichend mit Sauerstoff zu versorgen und gleichzeitig den Kohlendioxydgehalt in einem Bereich zu halten, bei dem eine vital bedrohende Hypoxämie und Hyperkapnie verhindert wird, bedarf es häufig einer invasiven, zum Teil „aggressiven” Respiratoreinstellung. Abgesehen von der hohen inspiratorischen Sauerstoffkonzentration werden häufig hohe endinspiratorische Drücke und große Atemzugvolumina für die Aufrechterhaltung der Oxygenierung und Decarboxylierung zugeführt, die sich aus der im ARDS gegebenenfalls drastisch reduzierten Compliance der Lunge ergeben. Die invasive Respiratortherapie führt im Verlauf der Behandlung zu weiteren Schädigungen der bereits erkrankten Lunge. Es kann zur Entwicklung einer beatmungsassoziierten Lungenschädigung „ventilator-assciated lung injury” (VALI) [1] [2] kommen. Die wesentlichen Schädigungsmechanismen dieser Entität sind das Atelek-, Baro- und das Volutrauma.

Verschiedene mehr oder weniger aufwendige Therapiekonzepte wie z. B. die kinetische Lagerungstherapie [3] oder der Einsatz einer pumpenbetriebenen extrakorporalen Membranoxygenierung (ECMO) werden seit Jahren beim ARDS eingesetzt, wobei der Einsatz einer veno-venösen ECMO häufig als „Ultima Ratio” erfolgt und insbesondere Zentren der Maximalversorgung und universitären Einrichtungen vorbehalten bleiben. Ziel dieser Therapien ist es, eine Verbesserung der Oxygenierung sowie der CO 2-Elimination zu erreichen, um letztendlich wieder eine lungenprotektive Beatmung zur Vermeidung weiterer Komplikationen zu gewährleisten. Als lungenprotektive Beatmung wird eine Respiratoreinstellung bezeichnet, bei der der inspiratorische Sauerstoffanteil so gering wie möglich gehalten, ein nach arteriellem CO 2- und O 2-Partialdruck gewählter positiv endexpiratorischer Druck (PEEP) und ein niedriges Tidalvolumen (VT) von ca. 6 ml/kg idealem Körpergewicht appliziert werden [2] [4].

Durch den Einsatz der interventionellen Lungenassistenz (iLA - interventional lung assist), mit der eine rasche und effektive extrakorporale CO 2-Elimination erreicht wird, lässt sich häufig das Ziel der Deeskalation der Beatmungseinstellungen zugunsten einer lungenprotektiven Beatmungstherapie beim bestehenden ARDS erreichen. Die iLA ist somit eine weitere Behandlungsoption im Therapiekonzept für eine Subgruppe von Patienten die an einem akuten Lungenversagen erkrankt sind. Große Vorteile beim Einsatz der iLA bestehen in der einfachen Handhabung, der geringeren Invasivität und Logistik im Vergleich zur Blutpumpen betriebenen ECMO-Therapie, und der Möglichkeit, den Patienten parallel mit geringerem Aufwand kinetisch umfassend zu therapieren und eventuell transportieren zu können. Der Transport eines Patienten mit einer ECMO ist zwar generell möglich, ist jedoch mit einem hohen logistischen sowie personellen Aufwand verbunden und erhöht das Transportrisiko für den Patienten erheblich.

Denkbar ist auch der Einsatz einer iLA bei COPD-Patienten, die bei akuter respiratorischer Verschlechterung vor einer Intubation bewahrt werden könnten. Ein einmaliges klinisches Vorgehen im Jahre 2006 konnte dieses in unserem Behandlungsbereich bestätigen. Weitere Fälle sind durch den klinischen Support der Herstellerfirma Novalung® dokumentiert. Durch die erwähnte Maßnahme ist es uns in der Praxis gelungen, einen COPD-Patienten mit einer Pneumonie vor den Komplikationen einer Intubation und Beatmung zu bewahren, indem wir durch den Einsatz der nichtinvasiven Beatmung (NIV) und gleichzeitigen extrakorporalen CO 2-Elimination mittels der iLA die Spontanatmung des Patienten aufrecht erhalten haben.

Dieser Artikel soll die theoretischen Grundlagen für die Therapie mit der iLA vermitteln und praktisches Hintergrundwissen für die Pflege und Überwachung des Patienten weitergeben. Aufgrund der relativ einfachen Handhabung während der Therapie und der schnell zu erzielenden positiven Effekte sind die Autoren dieses Artikels der Meinung, dass die Therapie eines akuten Lungenversagens in Zukunft möglicherweise häufiger durch den frühzeitigen Einsatz einer iLA unterstützt werden wird.

Auf Grundlage dieser Einschätzung soll dieser Artikel dazu beitragen, eine Erweiterung der Fachkompetenzen bei den betreuenden Pflegenden zu erreichen, denn neben dem häufigeren Einsatz kann in Zukunft damit gerechnet werden, dass der Einsatz der iLA nicht mehr nur den großen Zentren mit bestehender Maximalversorgung vorbehalten bleiben wird.

Literatur

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Axel Hillebrandt

Internistische Intensivstation 1022, Universitätsklinikum Göttingen

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