Notfallmedizin up2date 2007; 2(2): 173-186
DOI: 10.1055/s-2007-965263
Rettungsdienst

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Unerwarteter Tod im Säuglingsalter - Schicksal oder Misshandlung?

Holger Schiffmann
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
26. Oktober 2007 (online)

Kernaussagen

Kindesmisshandlung und Vernachlässigung sind keine seltenen Delikte. Die Inzidenz liegt im ersten Lebensjahr bei 5/1000/Jahr. Die Häufigkeit des Schütteltraumas liegt bei 0,4/1000/Jahr. Für Deutschland errechnen sich somit 300 Kinder, die jährlich zu Schaden kommen.

Das „Sudden Infant Death Syndrome“ (SIDS) ist mit einer Inzidenz von 0,5/1000 Lebendgeburten/Jahr die häufigste Todesursache in den ersten sechs Lebensmonaten. SIDS ist eine Ausschlussdiagnose. Sie darf bei einem unerwarteten Tod im ersten Lebensjahr nur nach kompletter Autopsie und umfassender Analyse des gesamten Falles gestellt werden.

Die Abgrenzung einer Kindstötung durch Ersticken vom plötzlichen Kindstod kann schwierig sein, zumal in beiden Fällen Anamnese, Auffindesituation und Befunde ähnlich sein können. Suspekt sind Blut in Mund oder Nase, frühere Zyanose-, Apnoe oder ALTE‐Ereignisse in der gleichen Betreuung, frühere Todesfälle von Geschwistern oder simultaner Tod von Zwillingen.

Beim Schütteltrauma können äußere Verletzungszeichen fehlen. Das Beschleunigungstrauma führt zu subduralen Hämatomen und einer diffusen axonalen Verletzung („diffuse axonal injury“). Durch direkte Gewalteinwirkung entstehen metaphysäre Frakturen, Rippenfrakturen und Periostabscherungen. Die augenärztliche Diagnostik zeigt retinale Blutungen.

Die Prognose des Schütteltraumas ist schlecht. Die Mortalität beträgt etwa 20 %. Fast alle überlebenden Kinder tragen dauerhaft schwere neurologische und/oder kognitive Schäden davon.

Bei Verdacht auf Kindesmisshandlung ist der Arzt berechtigt, seine Schweigepflicht zu brechen. Der Arzt hat eine Garantenstellung gegenüber dem betroffenen Kind und gegebenenfalls Geschwisterkindern. Der Bruch der Schweigepflicht dient dem Kinderschutz.

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Prof. Dr. Holger Schiffmann

Zentrum für Neugeborene, Kinder und Jugendliche Klinikum Nürnberg

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