Notfallmedizin up2date 2007; 2(3): 225-236
DOI: 10.1055/s-2007-965416
Spezielle Notfallmedizin

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Notfalltherapie epileptischer Anfälle

Matthias Dütsch, René Handschu
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Publication Date:
26 October 2007 (online)

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Kernaussagen

Der Status epilepticus ist immer als Notfall zu sehen. Bei einer Mortalitätsrate, die abhängig von der Grunderkrankung etwa 10 % beträgt, stellt der Status generalisierter tonisch-klonischer Anfälle eine vitale Bedrohung für den Patienten dar und erfordert eine sofortige ärztliche Intervention.

Die schnelle Unterbrechung des Status epilepticus durch Medikamente stellt hierbei das wichtigste therapeutische Ziel dar. Gemäß der empfohlenen Stufendiagnostik der Status-epilepticus-Behandlung sollen zunächst Benzodiazepine verabreicht werden. Hierbei erscheint Lorazepam der Gabe von Diazepam, Midazolam oder auch Clonazepam überlegen. Dies gilt auch, da ohne i. v. Zugang eine Behandlung mittels sublingualer Schmelztabletten erfolgen kann.

Die weiteren Eskalationsstufen der medikamentösen Status-epilepticus-Behandlung sind in der Regel Domäne der Klinikbehandlung und bestehen zunächst in der Gabe von Phenytoin i. v. bzw. Valproinsäure i. v. In einem nächsten Schritt kommen dann Phenobarbital und schließlich Narkotika (Midazolam, Propofol, Thiopental) in Betracht.

In der Prähospitalphase muss insbesondere auch eine Hypoglykämie als Ursache des Status rechtzeitig erkannt werden. Ein Glukose-Stix ist unerlässlich. Initial könnten zum Beispiel 50 ml 50-%ige Glukoselösung im Bolus verabreicht werden. Bei durch Alkoholentzug induziertem Status epilepticus werden initial 100 bis 200 mg Thiamin i. v. oder auch i. m. verabreicht.

Die Indikation zur Intubation sollte kritisch gestellt werden.

Zur weiteren Steuerung der adäquaten Diagnostik und Therapie sollte schon in der Prähospitalphase soweit möglich eine Fremdanamnese erhoben werden. Von besonderem Interesse ist hierbei, ob der Patient bekanntermaßen unter einer Epilepsie leidet. Auch Hinweise, ob vor Beginn des Status epilepticus ein Sturz auf den Kopf eingetreten ist, sind wichtig.

Als Sonderfall eines nichtkonvulsiven Status epilepticus muss noch auf den Absence-Status hingewiesen werden, der ein abweichendes medikamentöses Vorgehen erfordert. Er kann nur durch eine EEG‐Ableitung nachgewiesen werden. Die i. v. Gabe von Phenytoin wird in diesem Fall zu keinem therapeutischen Erfolg führen.

In der Prähospitalphase muss insbesondere auch anamnestisch nach einem fokalen Beginn des epileptischen Anfalls gefragt werden. In der post-konvulsiven Phase kann das Prüfen reversibler Funktionsstörungen (zum Beispiel Sprachstörung, Todd'sche Parese) wichtige Hinweise liefern.

Insgesamt muss eine rasche und konsequente Ausdosierung von Medikamenten einer Therapiestufe erfolgen. Die Prognose hängt nicht unwesentlich auch von der Dauer des Status epilepticus ab.