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DOI: 10.1055/s-2007-966596
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York
Diaklinik in Mannheim am 24. 2. 2007[*]
Slide Show in Mannheim, 24. 2. 2007Publication History
Publication Date:
11 June 2007 (online)

Polychondritis recidivans
K. Niedergethmann, V. Voigtländer
Zusammenfassung
Die Polychondritis rezidivans ist wegen des möglichen Organbefalles eine potenziell bedrohliche Erkrankung. Bei dem vorgestellten Patienten beschränkte sich die Manifestation dieser Erkrankung auf die Ohrmuscheln und die Gelenke. Unter systemischer Therapie konnte eine vollständige Remission erzielt werden.
Abstract
Relapsing polychondritis is a potential fatal disease due to the involvement of internal organs. In our patient the manifestation was restricted to the ears and the joints. Systemic therapy led to a complete remission.
66-jähriger Patient
Anamnese: Etwa 3 Monate vor der ersten Vorstellung in unserer Klinik bemerkte der Patient eine biaurikuläre schmerzlose Rötung und Schwellung unter Aussparung der Ohrläppchen ([Abb. 1]). Allmählich sei es zu einer vermehrten Beweglichkeit der Ohrmuscheln gekommen. Aus der Vorgeschichte sind Episoden einer polyartikulären Arthritis und einer Skleritis bekannt.
Abb. 1 Klinischer Ausgangsbefund, rechtes Ohr.Allgemeinbefund: Altersentsprechend guter Allgemein- und Ernährungszustand. Die Laborbefunde waren, einschließlich der Entzündungsparameter, unauffällig. Keine kardiovaskulären oder pulmonalen Vorerkrankungen, keine Infektzeichen.
Hautbefund: Erythematöse schmerzlose Schwellung beider Ohren unter Aussparung der Ohrläppchen. Tastbar weiche Konsistenz des Knorpelgewebes.
Histologie: In der Biopsie des Cavum conchae links zeigten sich degenerative Knorpelveränderungen mit Nekrobiosen und Verkalkung, überlagert von einer perichondralen entzündlichen Stromareaktion.
Therapie und Verlauf: Es erfolgte eine systemische Behandlung mit Prednisolon, beginnend mit 20 mg in ausschleichender Dosierung über vier Wochen. Bei Gelenkbeschwerden wurde symptomatisch Diclofenac per os verabreicht. Nach zwei Monaten zeigte sich eine komplette Rückbildung des biaurikulären Erythems und Ödems bis auf einen diskret tastbaren weichen Ohrknorpel links. Nach neun Monaten vollständige Beschwerdefreiheit.
Kommentar: Die Polychondritis recidivans, erstmalig beschrieben durch den Prager Professor der Medizin Jaksch-Wartenhorst 1923 [1], ist eine systemische, nicht infektiöse entzündliche Erkrankung des Knorpelgewebes. Die Ätiopathogenese ist unklar, eine autoimmune Ursache wird angenommen. In bis zu 30 % kommt es zu einer Assoziation mit weiteren Autoimmunerkrankungen (u. a. Lupus erythematodes, Kolitis, Myelodysplastisches Syndrom, Reiter-Syndrom) [2], seltener mit Malignomen [3]. Während akuter Entzündungsphasen lassen sich in 33 - 50 % Serumantikörper auf Typ 2-Kollagen nachweisen [4].
Es besteht keine Alters- oder Geschlechtsabhängigkeit, allerdings tritt die Erkrankung am häufigsten im mittleren Lebensalter auf [5]. Der Verlauf ist schubweise und fortschreitend, eine Spontanheilung ist möglich. Die Mortalität wird durch den Organbefall determiniert, insbesondere bedingt durch kardiovaskuläre Komplikationen unter Beteiligung des elastischen Gewebes (z. B. Aortenaneurysma, Aortenklappeninsuffizienz) und durch eine pulmonale Chondritis (z. B. Tracheomalazie, bronchopulmonale Infekte) [6].
Anhand der von McAdam 1976 aufgestellten Kriterien müssen mindestens drei der folgenden Symptome vorliegen, um eine Polychondritis recidivans zu diagnostizieren [7]:
Bilaterale Ohrknorpelentzündung (85 - 95 %), nonerosive seronegative Polyarthritis (bis 80 %), nasale Chondritis (50 - 70 %), Augenbeteiligung (Konjunktivitis, Skleritis, Iritis) (65 %), respiratorische Chondritis (55 %), audiovestibulärer Schaden (45 %).
Die Basisstandardtherapie erfolgt mit Kortikosteroiden (initial 0,5 mg/kg KG Prednisolonäquivalent), im Verlauf Umstellung auf Erhaltungsdosen (5 - 25 mg/d). Bei progressivem, rezidivierendem Verlauf ist der Einsatz von Immunsuppressiva indiziert (Azathioprin 150 - 200 mg/d, Cyclophosphamid oder Ciclosporin A) [8]. Fieber und Gelenkbeschwerden lassen sich positiv durch die Verabreichung von nichtsteroidalen Antiphlogistika beeinflussen.
1 Anlässlich des 75. Geburtstages von Prof. Dr. E. G. Jung.
Dr. Christoph Löser
Leitender Oberarzt der Hautklinik
Klinikum Ludwigshafen
Bremserstr. 79
67063 Ludwigshafen
Email: loeserc@klilu.de