Subscribe to RSS
DOI: 10.1055/s-2007-966663
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York
Ein schöner Sommer in der Natur
A Nice Summer in the Open CountrysidePublication History
Publication Date:
09 July 2007 (online)
Prof. Dr. Christiane Bayerl
Dieses Jahr hat mich die Häufung der bullösen Reaktionen der phytophototoxischen Dermatitis verblüfft - 10 Fälle allein diese Woche in meiner Klinik! Das schöne Wetter regt zur Gartenarbeit an und da muss etliches an Unkraut entfernt werden. Die Palette der „Unkrautpflanzen”, die dafür verantwortlich sind, ist groß. Es sind vor allem die Pflanzenmitglieder der Umbelliferi und Rutaceae, die über ihren Gehalt an Furocumarinen für die UV-provozierten, blasigen Hautreaktionen verantwortlich sind. Bekannte Furocumarine sind Xanthotoxin, Psoralen und Bergapten. Furocumarine finden sich in Doldenblütlern wie z. B. dem Bärenklau, der Herkulesstaude (Heracleum mantegazzianum, Heracleum laciniatum) und Engelswurz (Angelika) und in den Rautengewächsen, wie z. B. den Zitrusfrüchten. So ist die Arbeit im Gemüsegarten oder Gemüse schneiden auf dem sonnigen Balkon nicht risikofrei, da Sellerie, Karotte, Petersilie und Pastinake Furocumarine enthalten. Das Bergamottöl aus der Bergamottorange (Citrus aurantini ssp. Bergamma) enthält Bergapten (5-methoxypsoralen). Also ist auch Vorsicht geboten bei Limetten, Zitronen, Grapefruit- und Bitterorangen, deren Schalenbitterstoffe beim Auspressen Hand-Hautkontakt erhalten. Von Parfums und Rasierwassern kennen wir ja das analoge Problem der Berloque-Dermatitis. Der 5-Uhr „Earl-Grey”-Tee oder die Teebonbons, die Bergamotte enthalten oder größere Mengen Furocumarin-haltiger Nahrungsmittel, können in Verbindung mit exzessiver UV-Exposition Probleme bereiten.
Früh im Jahre fand ich bereits den ersten Fall einer Eichenprozessionsspinner-Dermatitis. Typischerweise wird der Eichenprozessionsspinner (Thaumetopoea precessionea, order Lepidoptera) in Eichenwäldern gefunden. Die Larven sind mit giftigen Haaren versehen, sog. Setae, die ein juckendes Toxin, das Thaumetopoein, enthalten. Das Protein hat eine Histamin-liberierende Wirkung. Die jungen Raupen befassen sich zunächst nur mit Ihrem Wirt, den Eichen, die sie abfressen; wenn sie aber weiter herangereift sind, machen ihre reizenden Raupenhaare dem Menschen Probleme. Kontakt erfolgt selten über das Anfassen der Raupen, sondern zumeist aerogen durch Flug der Setae von Waldrandstücken her, von allein stehenden Bäumen oder gar von Bäumen aus dem eigenen Garten. Die Symptomatik umfasst Juckreiz, Ekzem, Konjunktivitis und Pharyngitis. Anaphylaktische Reaktionen sind beschrieben. Über Cyanoacrylat-Abrisse lassen sich die Setae am Mikroskop nachweisen und von der Haut auch so entfernen. Eine Sofortmaßnahme ist das Wechseln und Waschen der Textilien, Duschen und Haare waschen. Intensives Waschen bis hin zu starkem Schrubben der Haut und topische Steroidapplikation alleine bringen jedoch oft keine ausreichende Linderung. Die Raupenhaare sind mit Widerhaken ausgestattet, 2 - 3 mm lang und sehr brüchig. Ziel muss es sein, die Raupenhaare restlos zu entfernen. Für mich hat sich bewährt, die Raupenhaare am besten über serielle Abrisse mit größeren Pflasterflächen zu entfernen, an denen die Setae haften bleiben. Insbesondere für spielende Kinder stellen die Raupen eine Gefährdung dar. Auch in verlassenen Raupennestern, die meist in Astgabeln liegen, finden sich noch Raupenhaare. Die Raupen sind dann zwar längst geschlüpft, aber die Häute mit den reizenden Haaren bleiben in dem Gespinst in der Astgabel zurück - also eine Dermatitis, die unsere Patienten von nun an bis in den Spätsommer ereilen kann.
Nun möchte ich Ihnen unsere neuen Beiratsmitglieder vorstellen - soweit das überhaupt nötig ist. Es ist mir eine große Freude, dass Herr Prof. Dr. med. Prof. h. c. Constantin E. Orfanos uns im Beirat unterstützen wird. Seine Verdienste in der internationalen Dermatologie sind hier nicht auflistbar, ebenso wenig wie seine über 800 wissenschaftlichen Veröffentlichungen und seine Gründungsmitgliedschaften in unseren dermatologischen Gesellschaften. Die aktuelle Dermatologie hat er gerade kürzlich wieder bereichert durch Arbeiten zur „Lepra heute” und zu „Myzetomen in Ostafrika”, letztere in Coautorenschaft mit seiner Frau.
Und weiter wird unser Beirat durch Herrn Prof. Dr. med. F. Trautinger vorvollständigt. Von Wien kommend, hat er seit über einem Jahr die Abteilung für Haut- und Geschlechtskrankheiten am Landesklinikum St. Pölten, Österreich übernommen. Seine Forschungsthemen sind u. a. die Effekte der UV-Strahlung auf die Haut, Hitzeschockproteine und die Therapie der Mycosis fungoides/des Sezary-Syndroms. Er ist tätig in der EORTC Consensus Gruppe Lymphom, in die er auch seine Erfahrungen in der Extrakorporalen Photopherese einbringt. Herzlich Willkommen.
Es bleibt mir noch, Ihnen einen schönen Sommer zu wünschen - trotz Eichenprozessionsspinnern.
Prof. Dr. med. Christiane Bayerl
Prof. Dr. med. Christiane Bayerl
Klinik für Dermatologie und Allergologie, HSK,
Wilhelm-Fresenius-Klinik
Aukammallee 39
65191 Wiesbaden
Email: Christiane.Bayerl@HSK-Wiesbaden.de