Radiologie up2date 2007; 7(3): 247-264
DOI: 10.1055/s-2007-966821
Neuroradiologie

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Neurokutane Erkrankungen

Neurocutaneous syndromesT.  Niederstadt, G.  Kurlemann
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Publikationsdatum:
25. September 2007 (online)

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Zusammenfassung

Die neurokutanen Syndrome oder Phakomatosen sind eine heterogene Gruppe angeborener Erkrankungen, die durch Dysplasien der aus dem Neuroektoderm entstandenen Gewebe charakterisiert sind. Hautveränderungen können wertvolle Hinweise bei der Interpretation zerebraler Läsionen geben. In der letzten Zeit sind bei vielen dieser Erkrankungen die zugrunde liegenden genetischen Defekte aufgeklärt worden. Im vorliegenden Artikel werden die Befunde der zerebralen Bildgebung und die Klinik der häufigsten Phakomatosen (Neurofibromatose Typ 1 und Typ 2, tuberöse Sklerose und Sturge-Weber-Syndrom) vorgestellt.

Abstract

Neurocutaneous Syndromes or phakomatoses are a heterogenous group of congenital diseases. They are characterized by dysplasias of tissues derived from the neuroektoderm. Skin alterations may be helpful in the interpretation of cerebral lesions. Recently, the genetic and pathophysiologic alterations of many phakomatoses have been elucidated. In this paper the radiologic findings and clinical signs of the most common neurocutaneous diseases (Neurofibromatosis 1 and 2, Tuberous Sclerosis Complex and Sturge Weber Syndrome) will be discussed.

Kernaussagen

Allgemeine Diagnostik

  • Die Diagnose bei Phakomatosen wird klinisch gestellt. In Zweifelsfällen kann die alleinige zerebrale Bildgebung eine Diagnosestellung ermöglichen.

  • Zerebrale Veränderungen bei Phakomatosen können in der MRT besser nachgewiesen werden als in der CT. Eine Ausnahme ist der Kalknachweis bei der tuberösen Sklerose und beim Sturge-Weber-Syndrom.

Neurofibromatose Typ 1

  • Nahezu 2 Drittel aller Patienten weisen in den T2w Bildern und häufig auch in den T1w Bildern sowohl infra- wie auch supratentoriell hyperintense Läsionen auf („unidentified bright object”, UBO). 30 - 70 % der Patienten entwickeln Optikusgliome, 50 % eine Makrozephalie.

  • UBOs treten im Alter von 2 - 3 Jahren auf, haben eine runde bis ovaläre Form, nehmen üblicherweise kein Kontrastmittel auf und zeigen keine Raumforderungszeichen. Sie werden grundsätzlich nicht kontrolliert.

  • Optikusgliome können durch die CT (Aufweitung des Optikuskanals) oder sensitiver durch die MRT (koronare Schnittführung) nachgewiesen werden. Sie erfordern regelmäßige ophthalmologische Kontrollen.

  • Weitere mögliche Manifestationen sind insbesondere niedriggradige Gliome, Neurofibrome (typisch als sanduhrförmige Neurofibrome mit intra- und extraspinalem Tumoranteil), Dysplasie des Keilbeinflügels, Skoliose, durale Ektasien und laterale Meningozelen.

Neurofibromatose Typ 2

  • Schwannome sind das Charakteristikum der NF2, besonders am N. vestibularis superior („Akustikusneurinom”) und am N. trigeminus. Ebenfalls häufig sind Meningeome.

  • Schwannome sind hypo- bis isointens in den T1w Bildern, iso- bis hyperintens in den T2w Bildern und zeigen eine deutliche Kontrastmittelanreicherung.

  • Die MRT-Charakteristika der Meningeome entsprechen denen des Erwachsenenalters.

Tuberöse Sklerose

  • Am ZNS sind kortikale Tubera typisch (95 %), des Weiteren subependymale Knötchen (meist Hamartome), subependymale Riesenzellastrozytome (10 %) und Veränderungen der weißen Substanz im Sinne radialer Migrationslinien (20 - 30 %). Tubera sind in den T1w Bildern hypo- und in den T2w Bildern hyperintens - außer bei Säuglingen, bei denen die Kontraste aufgrund des hohen Wassergehalts des Gehirns umgekehrt sind.

  • In den Nieren kommt es zu Angiomyolipomen (55 - 75 %, meist doppelseitig, Nachweis mit Sonographie, CT und MRT), in der Haut finden sich besonders hypomelanotische Makulae, aber auch faziale Angiofibrome, unguale Fibrome und lumbosakrale Chagreenflecken. Außerdem können Herz (Rhabdomyome) und Lungen (Lymphangioleiomyomatose) beteiligt sein.

Sturge-Weber-Syndrom

  • Charakteristisch sind ein meist einseitiger Naevus flammeus im Ausbreitungsgebiet der ersten beiden Trigeminusäste, fokale Epilepsien und ein leptomeningeales Angiom.

  • In der MRT kann die nahezu pathognomonische leptomeningeale Kontrastmittelanreicherung gut dargestellt werden. Typischerweise besteht eine Hypertrophie des ipsilateralen Plexus chorioideus. Im höheren Alter zeigt die native CT die typischen schienenförmigen, gyralen Verkalkungen („tram sign”).

Literatur

Dr. med. Thomas Niederstadt

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