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DOI: 10.1055/s-2007-966837
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York
Erosionen bei Refluxkrankheit und Barrett-Neoplasien finden sich gehäuft an der rechten Ösophaguswand
Publication History
Publication Date:
23 August 2007 (online)
Kommentar zu:
1. Unterschiedliche Lokalisationen von Läsionen im Ösophagus bei unterschiedlichen Schweregraden der Refluxösophagitis
Difference in localisation of esophageal mucosal breaks among grades of esophagitis
Katsube T, Adachi K, Furuta K, Miki M, Fujisawa T, Azumi T, Kushiyama Y, Kazumori H, Ishihara S, Amano Y, Kinoshita Y. J Gastroenterol Hepatol 2006; 21 : 1656 - 1659
Zusammenfassung: In der Studie von Katsube et al. wurden 394 konsekutive Patienten mit Refluxösophagitis (Los-Angeles-Klassifikation LA A: 223; B: 93; C: 53; D: 25; 245 Männer, 149 Frauen; Durchschnittsalter: 62,9 Jahre, wobei Patienten mit LA Grad D im Schnitt 5 Jahre älter waren als Patienten mit LA Grad A) bezüglich der Lokalisation der Läsionen untersucht. Die Geschlechts-, Altersverteilung sowie die unterschiedlichen Schweregrade sind typisch für eine asiatische Population [1]. Hypothese war, dass die milden Formen LA Grad A und B sich von den schwereren Refluxösophagitiden unterscheiden könnten, da dieselbe Arbeitsgruppe in einer früheren Publikation zeigen konnte, dass die milderen Formen LA A und B sich von den stärker ausgeprägten Stadien dadurch unterscheiden, dass Erstere vor allem einen Säurereflux am Tag und die Letzteren prädominant Reflux während der Nacht aufweisen sollen [2]. Laut der Gruppe um Katsube et al. würde dies implizieren, dass man von der Lokalisation der Läsionen auf den Typ der Refluxepisoden (Tag oder Nacht) schließen könne, was letztendlich auch therapeutische Konsequenzen haben könnte.
Für die Analyse wurden 573 unterschiedliche Läsionen ausgewertet, wobei ein Patient auch mehrere Läsionen aufweisen konnte. Für asiatische Gastroenterologen typisch wurde die 12.00-Uhr-Position als ventral definiert. Bei Patienten mit leichter Ösophagitis LA Grad A lagen die meisten Läsionen zwischen 12.00 und 4.00 Uhr, während bei Patienten mit LA Grad B die meisten Läsionen zwischen 1.00 und 7.00 Uhr lagen. Fasst man diese Patienten zusammen, so lag das Maximum bei 2.00 Uhr (was ungefähr der rechten Ösophaguswandung entspricht). Demgegenüber fanden sich die meisten Läsionen bei Patienten mit LA Grad C an der Ösophagushinterwand. Über die im Methodenteil erwähnten Patienten mit LA Grad D wurden in der vorliegenden Arbeit keine Ergebnisse mitgeteilt. Eine Erklärung für die unterschiedliche Verteilung wird nicht angeboten.
2. Lokalisation früher Barrett-Neoplasien bei Patienten mit Short-Segment-Barrett-Ösophagus
Localisation of early-stage dysplastic Barrett’s lesions in patients with short-segment Barrett’s esophagus
Moriyama N, Amano Y, Okita K, Mishima Y, Ishihara S, Kinoshita Y. Am J Gastroenterol 2006; 12 : 266 - 267
Zusammenfassung: Moriyama et al. haben 1214 konsekutive Patienten mit Short-Segment-Barrett- Ösophagus (Zylinderepithellänge < 3 cm) untersucht. Bei 8 Patienten (0,7 %) wurde ein Barrett-Adenokarzinom, bei 4 weiteren wurde eine hochgradige intraepitheliale Neoplasie (früher: Dysplasie) diagnostiziert. Bei jedem der betroffenen Patienten wurde die genaue Lokalisation von Zylinderepithelzungen und der Neoplasien erfasst. 8 der 12 Neoplasien (67 %) waren rechts anterior lokalisiert. Zumeist fanden sich nichtzirkuläre Zylinderepithelsegmente (42,1 %) an der rechten Ösophaguswandung. Die Autoren schließen, dass es Faktoren geben muss, die die Bildung einer Barrett-Schleimhaut und deren neoplastische Transformation an der rechten Ösophaguswand begünstigen. Interessant in diesem Zusammenhang ist, dass in der Studie von Katsube et al. die meisten Erosionen des Ösophagus auch an der rechten Ösophaguswandung gefunden worden sind. Auch in dieser Arbeit bietet das Autorenteam keine schlüssige Erklärung für die Präferenz der rechten Ösophaguswandung.
GERD - Endoskopie und Biopsie. Eine Routinebiopsie im Rahmen einer klassischen gastroösophagealen Refluxkrankheit aus dem distalen Ösophagus korreliert laut Literaturangaben schlecht mit der Endoskopie und wird deshalb für nicht notwendig erachtet. Biopsien sind nur dann indiziert, wenn der Befund ungewöhnlich ist und nicht das klassische Bild einer Refluxösophagitis vorliegt bzw. ein Neoplasieverdacht besteht. In allen anderen Fällen bringt die Histologie kein Mehr an Informationen als die Endoskopie. Endoskopisch gibt es bei der klassischen Refluxkrankheit im Grunde nur zwei Zustände: mit (unabhängig davon, wie ausgeprägt) und ohne endoskopisch sichtbare Läsionen. Sind keine Läsionen oder, wie es die Los-Angeles-Klassifikation der Refluxkrankheit bezeichnet, „mucosal breaks” sichtbar, dann liegt definitionsgemäß eine endoskopisch negative Refluxkrankheit vor.
Schon lange geht man davon aus, dass derartige mucosal breaks primär auf den Kämmen der ösophagealen Falten auftreten und sich dann auf die Faltentäler ausbreiten. Allerdings haben Studien eine schlechte Übereinstimmung von Endoskopie und Histologie bei GERD ergeben [3]. Zumeist liegt dies aber daran, dass die Biopsien weiter von der Z-Linie entfernt und nicht standardisiert aus normalem Plattenepithel entnommen worden sind und oft Kontrollpatienten fehlten oder aber schlecht ausgewählt wurden.
Minimale Läsionen. Mit der verbesserten endoskopischen Technik (hochauflösende Videoendoskope, Zoom-Endoskope, konfokale Laserendoskope) sind auch zahlreiche sog. minimale Läsionen beschrieben worden [4], die noch nicht die Definition eines mucosal breaks erfüllen. Es kann davon ausgegangen werden, dass derartige Beschreibungen jeweils einen Ausschnitt aus der Dynamik der Epithelschädigung und der Epithelregeneration darstellen [5]. Versuche, diese Kriterien zu graduieren, sind bislang aber nicht über Abstract-Form, zumeist auf dem Amerikanischen Gastroenterologenkongress, hinausgekommen. Zu heterogen und zu subjektiv stellten sich die entwickelten Kriterien dar, sodass die Reproduzierbarkeit nicht gegeben war.
Histologie. Histologisch ist man auf der Suche nach einem besonders frühen Zeichen der Refluxkrankheit ebenfalls nicht fündig geworden, da die seit einiger Zeit als solches angesehene Erweiterung der Interzellularspalten des ösophagealen Plattenepithels immer noch keine klaren Cut-off-Werte besitzt und noch nicht einmal ein standardisierter Entnahmeort der Biopsie, geschweige denn eine entsprechende einheitliche Graduierung dieser Erweitung möglich scheint. Zumal klar ist, dass eine Dilatation der Interzellularspalten praktisch nie isoliert ohne andere regenerative Veränderungen vorliegt [6] [7]. Klar ist auch, dass es keinen Marker oder eine Kombination von Markern zu geben scheint, die zweifelsfrei die Diagnose einer Refluxkrankheit rein histologisch zulassen [8].
So kommt der endoskopischen Diagnostik eine sehr große Bedeutung zu, da die Histologie immer nur einen Ausschnitt darstellt und abhängig vom Entnahmeort ist, auch wenn für die einzelnen histologischen Kriterien unter kontrollierten Bedingungen zumindest eine gute Reproduzierbarkeit erreicht werden kann [9] [10] [11].
Lokalisation der Läsionen. Die beiden hier zusammengefassten Studien zeigen eine Präferenz ösophagealer Läsionen um die rechte Ösophaguswandung. Einschränkend muss aber festgestellt werden, dass es bei schwereren Ösophagitiden schwer sein dürfe, eine Lokalisation der Läsionen anzugeben, da diese definitionsgemäß mehr als 75 % der Zirkumferenz einnehmen. Dies dürfte auch der Grund sein, warum in der Arbeit von Katsube Patienten mit LA Grad D einfach „unter den Tisch fallen gelassen” wurden und bei LA Grad C eine Verschiebung in Richtung der Ösophagushinterwand beobachtet werden konnte. Ähnliches gilt im Grunde auch für Barrett-Neoplasien, da diese erfahrungsgemäß multifokal auftreten. Sieht man von diesen Einschränkungen ab, bleibt immer noch eine Präferenz bezüglich der Lokalisation um die rechte Ösophaguswandung. Neben individuellen Unterschieden könnte die asymmetrische Struktur des unteren Ösophagussphinkters für die Häufung der Läsionen verantwortlich sein. Man darf sich den unteren Ösophagussphinkter nicht als eine zirkuläre Einschnürung vorstellen, sondern als ein kompliziertes Geflecht unterschiedlich ausgerichteter Muskelfasern, die letztendlich zu einem klappenartigen Mechanismus führen. Diese „Klappe” ist an der kleinen Kurvatur (rechte Ösophagusseite) geöffnet [12] [13], was insofern mit den Ergebnissen der oben genannten Studien korreliert, da man an der kleinen Kurvatur die höchste Säurebelastung erwarten sollte.
Konsequenzen für die Praxis. Bedeutung hat dies in Fällen, in denen bioptisch eine Neoplasie diagnostiziert worden ist, jedoch endoskopisch keine suspekten Herde beschrieben worden sind. In diesen Fällen sollte man dann in der Kontrolle besonders an der rechten Ösophaguswandung nach diesen Neoplasien suchen. Sollte sich eine derartige Häufung von Läsionen auch in anderen Studien bestätigen, dann ist zu überlegen, ob die bislang des Öfteren kritisierten Verfahren zur „Modifikation” des unteren Ösophagussphinkters (Fundoplicatio, lokal endoskopische Verfahren) nicht allesamt an der „falschen” Stelle ansetzen und das in vielen Fällen unbefriedigende Langzeitergebnis erklärt werden könnte.
Die Problematik an asiatischen Studien bei Patienten mit Barrett-Schleimhaut liegt in der zweifelhaften Übertragbarkeit auf westliche Patienten, da in Asien die Barrett-Schleimhaut noch immer eine seltene Diagnose ist und die Entartungsfrequenz deutlich niedriger als im Westen liegt. Dazu kommt, dass in Japan die Diagnose einer Barrett-Schleimhaut lediglich auf dem histologischen Nachweis von Zylinderepithel basiert, während in Deutschland eine becherzellhaltige Zylinderepithelmetaplasie gefordert wird. Es deutet allerdings einiges darauf hin, dass zum einen der Nachweis von Becherzellen im Rahmen einer Zylinderepithelmetaplasie des Ösophagus in der Vergangenheit „überbewertet” worden ist und zum anderen westliche Patienten eine vergleichbare Prädominanz der rechten Ösophaguswand für Läsionen aufweisen.
Es gibt Ergebnisse zweier weiterer, noch nicht erschienener „westlicher” Arbeiten. Eine Arbeit stammt aus dem Umkreis der „Los-Angeles-Gruppe”, die eine Dominanz ösophagealer Erosionen bei Patienten mit LA Grad A und B zeigt [14]; die zweite Arbeit aus Wiesbaden beschäftigt sich mit der Lokalisation von Barrett-Neoplasien mit vergleichbaren Ergebnissen [15] wie in der oben kommentierten Arbeit.
Fazit. Die praktische Konsequenz aus den kommentierten Artikeln liegt darin, dass
bei Endoskopie von Barrett-Patienten besonders die rechte Ösophaguswandung sehr genau untersucht und biopsiert werden sollte, in Fällen, bei denen eine Barrett-Neoplasie „zufällig” histologisch ohne endoskopische Auffälligkeiten diagnostiziert worden ist, in der Kontrolle besonders die rechte Ösophaguswandung nach neoplastischen Oberflächenveränderungen abzusuchen ist.
Erstpublikation: Z Gastroenterol 2007; 45: 419 - 420
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York
DOI 10.1055/s-2007 - 963 059
ISSN 0044-2771
Literatur
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Priv.-Doz. Dr. med. Michael Vieth
Institut für Pathologie, Klinikum Bayreuth
Preuschwitzer Str. 101
95445 Bayreuth
Email: vieth.Ikpathol@uni-bayreuth.de