Rehabilitation (Stuttg) 2007; 46(4): 228-232
DOI: 10.1055/s-2007-970581
Originalarbeit

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Unmittelbare Effekte therapeutischer Interventionen auf das zentrale motorische System und deren Konsequenzen für die Praxis

Immediate Effects of Therapeutic Interventions on the Central Motor System and Their Practical ConsequencesH. Woldag 1 , C. Renner 1 , H. Hummelsheim 1
  • 1Neurologisches Rehabilitationszentrum Leipzig, Universität Leipzig
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Publication Date:
24 August 2007 (online)

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Zusammenfassung

Physio- und Ergotherapie haben in den letzten Jahren unter dem Einfluss neurophysiologischer Erkenntnisse insbesondere über das motorische Lernen einen deutlichen Wandel erfahren. Für die Weiterentwicklung übender Verfahren ist die Kenntnis des unmittelbaren Effektes therapeutischer Interventionen auf das zentralmotorische System von großer Bedeutung. Es werden aktuelle prozessnahe Untersuchungen diskutiert, die sich mit den fazilitatorischen Effekten unterschiedlicher therapeutischer Interventionen und der Frage beschäftigen, ob die Aktivierung der gesunden oberen Extremität einen fazilitatorischen oder einen inhibitorischen Nettoeffekt auf das geschädigte zentralmotorische System hat. In einer kontrollierten Studie konnte mit Hilfe der transkraniellen Magnetstimulation (TMS) gezeigt werden, dass der Kontraktionstyp (isometrisch oder isotonisch) weder bei Schlaganfallpatienten noch bei Probanden einen Einfluss auf die Ex-zitabilität des motorischen Systems ausübt. Inzwei weiteren TMS-Studien wurde nachgewiesen, dass die willkürliche Aktivierung der nicht betroffenen Hand alleine und bei bimanueller Aktivierung keinen inhibitorischen Einfluss auf das geschädigte zentralmotorische System ausübt. Die stärkste Fazilitation des geschädigten motorischen Areals ist jedoch durch die willkürliche Aktivierung der betroffenen Extremität zu erzielen. Das therapeutische Vorgehen sollte daher bei schwer paretischen bzw. plegischen oberen Extremitäten auf die funktionelle Kompensation ausgerichtet sein. Sobald sich jedoch Willküraktivität in der paretischen Hand bzw. im Arm abrufen lässt, ist eine intensive willkürliche aktive Beübung vorzuziehen. Dabei scheint der Typ der Kontraktion (isometrisch oder isotonisch) nicht von Bedeutung zu sein.

Abstract

Physiotherapy and occupational therapy have changed over recent years influenced by our growing neurophysiological knowledge especially about motor learning. Understanding the direct effects of therapeutic interventions on the central motor system is crucial for further development of therapeutic approaches. Recent studies are discussed dealing with the facilitatory effects of different therapeutic interventions and the question whether or not the activation of the healthy upper limb has a facilitatory or inhibitory net-effect on the damaged central motor system. In a controlled study using transcranial magnetic stimulation (TMS) we could show that motor system excitability is not influenced by the contraction type (isometric or isotonic), neither in healthy nor in stroke patients. Two TMS-studies could show that voluntary exercises of the non-affected hand alone or in bimanual tasks do not have an inhibitory effect on the damaged central motor system. However, the strongest facilitation of the damaged motor area could be achieved by voluntary activation of the affected extremity. The therapeutic approach in severely or completely paretic upper limbs should, hence, be focussed on functional compensation. As soon as voluntary activity is obtainable intensive voluntary exercises should however be preferred, with contraction type (isometric or isotonic) seeming not to be important.

Literatur

Korrespondenzadresse

Dr. HartwigWoldag 

Neurologisches Rehabilitationszentrum Leipzig

Universität Leipzig

Muldentalweg 1

04828 Bennewitz bei Leipzig

Email: woldag@sachsenklinik.de