Zusammenfassung
Der transdermale nonergoline D3-, D2- und D1-Dopaminrezeptoragonist Rotigotin ist zur Monotherapie im Frühstadium des idiopathischen Parkinsonsyndroms (IPS) in einem Dosisbereich von 4 - 8 mg/24 h und in der Kombinationstherapie des fortgeschrittenen IPS mit L-Dopa (Dosisbereich bis 16 mg/24 h) zugelassen. In dieser Übersichtsarbeit werden die wesentlichen Vorstudien und klinischen Studien für den Einsatz von Rotigotin bei fortgeschrittener Parkinsonerkrankung zusammengefasst. Es konnte gezeigt werden, dass für Rotigotin eine rasche Auftitrierung in den Hochdosisbereich möglich und dass der Wirkstoff aufgrund seiner Pharmakokinetik gut mit L-Dopa kombinierbar ist. In klinischen Studien bei fortgeschrittenem IPS zeigte Rotigotin in einem Dosisbereich bis 16 mg/24 h in der Kombinationstherapie mit L-Dopa eine klinisch relevante und statistisch signifikante Wirksamkeit sowie in einer Vergleichsstudie eine Nichtunterlegenheit gegenüber Pramipexol. Sämtliche Studien belegen die gute Verträglichkeit von Rotigotin.
Abstract
The transdermal non-ergot D3/D2/D1 dopamine receptor agonist Rotigotine has been approved for the monotherapy of early-stage Parkinson's disease (PD) (4 - 8 mg/24 h) and for the combination therapy of advanced PD (up to 16 mg/24 h) together with L-dopa. In this review, the most important pilot studies and clinical trials are summarized with respect to the efficacy and safety of Rotigotine in advanced PD. It could be shown that rotogotine may be rapidly uptitrated to high dosages and that the pharmacokinetics of Rotigotine are not altered by co-medication with oral L-dopa/carbidopa and vice versa. In controlled clinical trials in advanced PD, Rotigotine in dosages up to 16 mg/24 h showed clinically relevant and statistically significant efficacy as an adjunct to L-dopa. In a trial with Pramipexole as an active comparator, a non-inferior efficacy was shown. In all studies, there was a good tolerability profile.
Schlüsselwörter
Dopaminrezeptoragonist - Bewegungsstörungen
Key words
dopamine receptor agonist - movement disorders
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Diskussion zum Vortrag von Dr. Kassubek
Gibt es bei Rotigotin eine lineare Dosis-Wirkungs-Beziehung?
Die Datenlage zur Dosis-Wirkungs-Beziehung ist derzeit nicht eindeutig, sodass diese Frage letztlich nicht abschließend geklärt werden kann. Theoretische Überlegungen legen nahe, dass höhere Dosierungen von Rotigotin mit einem stärkeren klinischen Effekt assoziiert sind. Auch der klinische Eindruck bestätigt, dass 16 mg/24 h Rotigotin wirksamer sind als 8 mg/24 h. Die Wirksamkeit von unterschiedlichen Dosierungen wurde in mehreren Studien untersucht. Auch diese Ergebnisse, zum Beispiel der Studie CLEOPATRA PD (Clinical Efficacy Of Pramipexol And Transdermal Rotigotine in Advanced PD), sprechen für eine lineare Beziehung der Rotigotindosis zur Wirkung. Die höhere Dosis bewirkte in dieser Studie eine Reduktion der „off”-Zeiten sowie eine Zunahme der „on”-Zeiten.
Ein unterschiedliches Ergebnis erbrachte lediglich eine mit transdermal verabreichtem Rotigotin durchgeführte Studie an Patienten im fortgeschrittenen Krankheitsstadium. In der Studie bewirkte die Kombination von Rotigotin mit Levodopa eine klinisch relevante und statistisch signifikante Reduktion der „off”-Zeiten. Unter beiden Dosierungen (8 und 12 mg/24 h) gab es einen signifikanten Unterschied zu Plazebo. Allerdings war die Wirksamkeit von Rotigotin in einer Dosierung von 8 mg/24 h der Wirksamkeit von höher dosiertem Rotigotin (12 mg/24 h) überlegen. Auffallend war, dass die mittlere Änderung der absoluten „off”-Zeit bei der 8 mg/24 h- und 12 mg/24 h-Gruppe in dieser Studie bereits in der Titrationsphase auseinanderliefen. Dieser Effekt ist bislang nur schwer zu erklären. Fehler im Studiendesign, der Rekrutierung der Patienten oder Unterschiede in der Compliance beider Gruppen als Ursache für die Überlegenheit der mit der geringeren Dosierung behandelten Gruppe konnten sich nicht bestätigen. Beide Gruppen waren sorgfältig randomisiert worden und auch der Ausgangs-UPDRS unterschied sich nicht. Ebenso gibt es keine Hinweise auf Probleme hinsichtlich der Compliance, wie eine Analyse des in den Pflastern verbleibenden Wirkstoffgehalts bestätigte. Die gemessenen Unterschiede in den Behandlungsarmen könnten auf kleinere Unterschiede der randomisierten Gruppen wie z. B. leicht unterschiedlichen „off”-Zeiten zu Beginn der Studie (6,7 h in 8 mg/24 h-Arm vs. 6,3 h im 12 mg/24 h-Arm) zurückzuführen sein [5].
PD Dr. med. Jan Kassubek
Universitätsklinikum Ulm, Klinik und Poliklinik für Neurologie
Oberer Eselsberg 45
89081 Ulm
eMail: jan.kassubek@uni-ulm.de