Pneumologie 2007; 61(12): 801
DOI: 10.1055/s-2007-980125
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Primitiver neuroektodermaler Tumor des Mediastinums als seltene Ursache eines Perikardergusses

Primitive Neuroectodermal Tumour of the Mediastinum as a Rare Cause of Pericardial EffusionS.  Krüger1, 4 , C.  Kratochwil2 , C.  Schumann1 , T.s  Wibmer1 , S.  Pauls3 , T.  Merk1
  • 1Innere Medizin II, Universitätsklinikum Ulm
  • 2Klinik für Nuklearmedizin, Universitätsklinikum Ulm
  • 3Abteilung Diagnostische Radiologie, Universitätsklinikum Ulm
  • 4Medizinische Klinik I, Universitätsklinikum Aachen
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Publication Date:
10 March 2008 (online)

Ein 30jähriger Patient stellte sich beim niedergelassenen Kardiologen vor mit stechenden thorakalen Schmerzen vor allem unter Belastung, Husten, atemabhängigen Thoraxschmerzen, progredienter Dyspnoe bei geringer Belastung, Nachtschweiß und einem Gewichtsverlust von 5 kg in den letzten Wochen. Echokardiographisch fiel ein ausgeprägter Perikarderguss auf. Im EKG war eine mäßige unspezifische ST-Elevation in II, III und aVF nachweisbar. Unter der Verdachtsdiagnose einer Perimyokarditis wurde der Patient uns stationär zugewiesen. Als Vorerkrankung bestand ein allergisches Asthma bronchiale seit der Kindheit. Die körperliche Untersuchung war unauffällig bis auf blasse Haut und Schleimhäute sowie einen leicht eingeschränkten Allgemeinzustand. Im Labor fiel ein deutlich erhöhtes CRP von 180 mg/dl, eine Leukozytose von 15,3 G/l, eine mäßige hypochrome mikrozytäre Anämie und eine BSG-Beschleunigung auf 54 mm in der 1. Stunde auf. Das sonstige internistische Labor war unauffällig. Der Röntgen-Thorax zeigte ein global vergrößertes, angedeutet boxbeutel-konfiguriertes Herz, was als Folge des Perikardergusses interpretiert wurde. Der Mediastinal- und Lungenbefund wurde als unauffällig beschrieben. In der Echokardiographie konnte erneut der vom niedergelassenen Kardiologen beschriebene zirkuläre Perikarderguss mit einem maximalen Durchmesser von 2,5 cm nachgewiesen werden ohne hämodynamische Relevanz. Die linksventrikuläre Funktion war normal. Als Nebenbefund fand sich aber noch überraschenderweise eine 10 × 8 cm große relativ homogene Raumforderung zwischen Aorta und Arteria pulmonalis. Deshalb wurde zur weiteren Abklärung ein integriertes FDG-PET/CT ([Abb. 1] u. [2]) durchgeführt. Dabei fanden sich zwischen der Aorta und dem Truncus pulmonalis ein 10,5 × 9,1 cm großer Tumor und der Perikarderguss. Im PET war eine für einen malignen Tumor typische ausgeprägte FDG-Mehrspeicherung nachweisbar. Hinweise für eine Lymphknoten- oder Fernmetastasierung ergaben sich im PET/CT nicht. Die Genese des Perikardergusses wurde als sekundär im Rahmen einer tumorösen Perikardinfiltration gedeutet. Die Bronchoskopie war unauffällig. Zur diagnostischen Sicherung wurde eine CT-gesteuerte Punktion des Tumors durchgeführt. In der Histologie ergab sich der Befund eines kleinen blauzelligen Tumors, der sich immunhistochemisch als primitiver neuroektodermaler Tumor (PNET) verifizieren ließ. Es wurde eine Chemotherapie mit 6 Zyklen VIDE (Vincristin, Ifosfamid, Doxorubicin, Etoposid) durchgeführt. Hiernach war mittels erneutem PET/CT eine komplette Remission des Tumors als auch des Perikardergusses nachweisbar. Konsolidierend wurde noch eine Radiatio des Primärtumorgebietes durchgeführt synchron mit einer Chemotherapie mit 4 Zyklen VAI (Vincristin, Actinomycin D, Ifosfamid). Der Patient ist abschließend immer noch in Vollremission.

Abb. 1 Integriertes FDG-PET/CT. a Koronarer CT-Schnitt: im Mediastinum großer relativ homogener Tumor mit breitbasigem Kontakt zu Perikard, Aorta und Pulmonalarterien. b Im korrespondierenden PET-Schnitt ausgeprägte fokale FDG Mehrspeicherung im Tumor. c Integriertes Summationsbild aus PET und CT. d Sagittaler CT-Schnitt: im mittleren und vorderen Mediastinum großer relativ homogener Tumor mit breitbasigem Kontakt zu Perikard und Aorta. e Im korrespondierenden PET-Schnitt ausgeprägte fokale FDG Mehrspeicherung im Tumor. f Integriertes Summationsbild aus PET und CT.

Abb. 2 Integriertes FDG-PET/CT. Transaxiale Schnitte von CT (a), PET (b) und integriertes Summationsbild aus PET und CT (c): im Mediastinum großer Tumor mit breitbasigem Kontakt zu Perikard, Aorta und Pulmonalarterien sowie begleitender Perikarderguss (Pfeile).

PNET sind sehr seltene hochmaligne Tumoren im Erwachsenenalter, im Kindesalter kommen sie deutlich häufiger vor. PNET und Ewing-Sarkom sind definiert als Rundzellsarkome mit unterschiedlich ausgeprägter neuroektodermaler Differenzierung und in der WHO-Klassifikation von 2002 zu einer Tumorentität zusammengefasst. Beim PNET ist histologisch eine neuroektodermale Differenzierung nachweisbar, beim Ewing-Sarkom dagegen nicht. Während die Ewing-Sarkome meist in den Knochen lokalisiert und sehr chemotherapie- und strahlensensibel sind und eine relativ gute Prognose aufweisen, sind die PNET therapeutisch schlechter behandelbar mit einer deutlich schlechteren Prognose mit einer 2-Jahres-Überlebensrate von 38 %. Findet sich der PNET im Bereich der Thoraxwand, so wird er als Askin-Tumor bezeichnet. Die Askin-Tumoren entstehen typischerweise in den thorakalen Weichteilen, aber nur selten in der Lunge selbst. Eine mediastinale Manifestation, wie in unserem Fall, wurde bislang nicht beschrieben. Beim Askin-Tumor findet sich oftmals eine Pleurabeteiligung. Die häufigsten klinischen Symptome sind thorakale Schmerzen und Dyspnoe. Die primäre Diagnose gelingt oftmals mittels des Röntgen-Thorax, wo sich eine Masse der Thoraxwand, eine Rippendestruktion, pleurale Verdickung oder Pleuraerguss zeigen können. Die Therapie des PNET besteht in der Regel aus einer komplexen Polychemotherapie mit anschließender chirurgischer Resektion und Strahlentherapie. Eine Perikardbeteiligung mit Perikarderguss bei einem thorakalen PNET ist bisher nur sehr selten beschrieben worden.

Priv. Doz. Dr. med. Stefan Krüger

Medizinische Klinik I, Universitätsklinikum Aachen

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