Z Sex Forsch 2007; 20(4): 331-339
DOI: 10.1055/s-2007-981414
Dokumentation

© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Sexualität und Internet[1]

M. Dannecker
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
20. Dezember 2007 (online)

Cybersex im weiteren Sinn gehört inzwischen für einen beträchtlichen Teil der Bevölkerung zum sexuellen Repertoire. Nach den Ergebnissen von Umfragen, in denen direkt nach dem Konsum von Sex im Internet gefragt wird, lässt sich das nicht unmittelbar erkennen. Glaubt man den Umfrageergebnissen, sind die Deutschen vielmehr Muffel des Internetsexes. Nicola Döring zufolge geben laut „World Internet Project” nur 2 % an, regelmäßig auf einschlägige Internet-Angebote zuzugreifen (Döring 2004: 177). Ein völlig anderes Bild erhält man jedoch, wenn man Protokoll-Software einsetzt, die das komplette Surfverhalten einer Person im Hintergrund mitschneidet. Das Ergebnis sieht dann so aus: „Bereits im Jahr 2001 zeigte eine mit Protokoll-Software durchgeführte Studie des Unternehmens NetValue, dass 33 % der deutschen Onliner häufig Cybersex genießen, darunter 82 % Männer und 18 % Frauen” (ebd.).

1 Nach einem Vortrag, gehalten auf der Tagung „Sex in der Onlineberatung” am 15.12.2006 in Berlin.

Literatur

  • 1 Asendorf D. Einsame Höhepunkte. Die Zeit 25.9.2009; 40: 38 [als Online-Dokument: www.zeit.de/2003/40/T-Internet-Sex]
  • 2 Bochow M. et al .„Das schnelle Date”. Internetgestützte Sexkontakte und HIV-Infektionsrisiko. Berlin: Unveröffentlichtes Manuskript, 2007
  • 3 Dannecker M. Erosion der HIV-Prävention?.  Z Sexualforsch. 2002;  15 58-64
  • 4 Dekker A. Körper und Geschlecht in virtuellen Räumen. In: Richter-Appelt H und Hill A (Hrsg). Geschlecht zwischen Spiel und Zwang. Gießen: Psychosozial-Verlag, 2004
  • 5 Döring N. Cybersex - Formen und Bedeutungen computervermittelter sexueller Interaktionen. In: Richter-Appelt H und Hill A (Hrsg). Geschlecht zwischen Spiel und Zwang. Gießen: Psychosozial-Verlag, 2004
  • 6 Freud S. Drei Abhandlungen zur Sexualtheorie (1905). Gesammelte Werke, Bd. 5. London: Imago, 1942; 29-145
  • 7 Milbrett T. Risikogruppen der ansteigenden HIV-Neuinfektionen. Berlin: Unveröffentlichte Bachelorarbeit, vorgelegt an der Humboldt-Universität zu Berlin, 2006
  • 8 Plummer K. Telling Sexual Stories. Gespräch mit Gunter Schmidt.  Z Sexualforsch. 1997;  10 69-81
  • 9 Wilde E. Zwischen Mündlichkeit und Schriftlichkeit. Die Chat-Kommunikation aus linguistischer Sicht. Bern: Seminararbeit, vorgelegt am Institut für Germanistik der Universität Bern, 2002

1 Nach einem Vortrag, gehalten auf der Tagung „Sex in der Onlineberatung” am 15.12.2006 in Berlin.

2 Heterosexuelle Männer, die Sex-Portale benutzen, scheinen dagegen deutlich seltener Sexualpartnerinnen über diesen Weg zu finden, obgleich das ein wichtiges Motiv für das Aufsuchen solcher Portale ist (vgl. hierzu Bochow et al., S. 4 f.).

3 In einem Interview mit Gunter Schmidt hat Ken Plummer die Frage aufgeworfen, was sexuell daran sei, Worte in einen Computer einzugeben und als sexuell die gleichzeitige Masturbation bezeichnet (Plummer 1997). Aber auch wenn es beim Cybersex nicht zur Masturbation und einem Orgasmus kommt, geht es dabei beständig um das Begehren und das Begehrtwerden und deshalb ist diese sexualisierte Bewegung durch den Chatroom, bei der man beständig Worte in den Computer eingibt, sexuell par exellence.

4 Diese von Dekker herausgearbeiteten Interdependenzen machen aus der scheinbar allein am Computer vollzogenen Masturbation dann auch eine Masturbation zu zweit, also gleichsam eine mutelle Masturbation mit einem zwar nicht real anwesenden aber doch reagierenden Objekt.

Prof. Dr. M. Dannecker

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