Rehabilitation (Stuttg) 2007; 46(3): 126
DOI: 10.1055/s-2007-981657
Editorial

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Wachsende Evidenz in der medizinischen Rehabilitation

Growing Evidence in Medical Rehabilitation
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
21. Juni 2007 (online)

In dieser Ausgabe veröffentlichen wir das Ergebnis einer von der Deutschen Gesellschaft für Rehabilitationswissenschaften (DGRW) durchgeführten Bestandsaufnahme zur Rehabilitationsforschung in Deutschland. An der Expertise, die von Koch, Lehmann und Morfeld im vorliegenden Bericht zusammengefasst wurde, haben zahlreiche Rehabilitationsexperten mitgewirkt, um aus primär wissenschaftlicher Sicht die aktuelle Situation der Rehabilitationsforschung unter inhaltlichen, methodischen und organisatorischen Gesichtspunkten zu untersuchen. Die Expertise berichtet über den Forschungsstand sowohl bei ausgewählten indikationsübergreifenden als auch bei indikationsspezifischen Themen und zeigt zugleich den weiteren prioritären Forschungsbedarf aus der Sicht der DGRW auf. Der vollständige Bericht kann unter: www.dgrw-online.de (Pfad: Kommissionen & Arbeitsgruppen, Arbeitsgruppe Nachwuchs- und Forschungsförderung) abgerufen werden.

Zunächst wird deutlich, dass in den letzten zehn Jahren erhebliche Anstrengungen unternommen wurden, die wissenschaftliche Evidenz der medizinischen Rehabilitation nachhaltig zu steigern. Viele der aus der Rehabilitationsforschung der letzten Jahre erzielten Ergebnisse sind in dieser Zeitschrift veröffentlicht und verbreitet worden. Ausdruck dieser Entwicklung sind zudem die in den letzten Jahren eingerichteten, umfangreichen Qualitätssicherungsprogramme in der medizinischen Rehabilitation (vgl. z. B. die Beiträge von Egner et al. [Rehabilitation 2006; 45: 221-231] und Deck/Raspe [Rehabilitation 2006; 45: 272-281]) sowie auch die mittlerweile entwickelten Leitlinien der Fachgesellschaften (vgl. Leitlinien-Kommission der DGRW, das Leitlinien-Register der Arbeitsgemeinschaft Wissenschaftlicher Medizinischer Fachgesellschaften sowie auch verschiedene hier veröffentlichte Beiträge, z. B. Bitzer et al. [Rehabilitation 2006; 45: 203-212] und Schnabel et al. [Rehabilitation 2006; 45: 213-220]). Die Rehabilitationsforschung hat wichtige innovative Prozesse sowie die Umsetzung von Ergebnissen in die Praxis begleitet, wie etwa den Ausbau der ambulanten Rehabilitation oder der Nachsorge. Auch hat die Rehabilitation in der Akutmedizin sowie auch bei gesundheitspolitisch verantwortlichen Institutionen an Akzeptanz gewonnen und zumindest indirekt gesundheitspolitische Entscheidungsprozesse mit beeinflusst (vgl. z. B. die Verabschiedung des SGB IX oder die ausdrückliche Einführung von Pflichtleistungen in der Rehabilitation der gesetzlichen Krankenversicherung durch die Gesundheitsreform 2007).

Wie die Expertise aufzeigt, bleibt trotz des erreichten inhaltlich und methodischen Standes gleichwohl noch viel zu tun. So kann der Umfang der Forschungsförderung - trotz erheblicher Unterstützung der Rehabilitationsträger, insbesondere der gesetzlichen Rentenversicherung, sowie des Bundesforschungsministeriums - noch keineswegs mit dem im akutmedizinischen Bereich verglichen werden.

Die prioritären Forschungsfelder, die in der Expertise aufgezeigt werden, stellen wichtige Ansatzpunkte für die Durchführung und Fortsetzung weiterer wissenschaftlicher Untersuchungen dar. So sollten auch die berufliche Rehabilitation sowie sektorübergreifende Versorgungsformen stärker einbezogen werden. Der Arbeitsausschuss „Interdisziplinäre Forschung” der Deutschen Vereinigung für Rehabilitation (DVfR) hat zudem angekündigt, dass er die Expertise aus der Sicht von Betroffenen und der Selbsthilfe ergänzen will. Damit ergibt sich dann zusammen mit den Vorstellungen von Rehabilitationswissenschaften und der Praxis ein recht vollständiges Bild des weiteren vorrangigen Forschungsbedarfs. Es ist zu wünschen, dass weitere Institutionen der Forschungsförderung, wie etwa die Deutsche Forschungsgemeinschaft, die Rehabilitationsforschung nachhaltig unterstützen, um so die dringend notwendige Kontinuität der Forschung zu gewährleisten.

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