Endo-Praxis 2006; 1(4): 16
DOI: 10.1055/s-2007-982020
Originalia

© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Aspirin und Co - was nun?

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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
25. Mai 2007 (online)

Ab dem 50. Lebensjahr stehen immer mehr Patienten unter einer Dauermedikation mit Acetylsalizylsäure (ASS), meist aus kardiologischer Indikation. Dies beinhaltet in der Regel eine Verlängerung der Blutungszeit infolge Hemmung der Thrombozytenaggregation, was jedoch keine unmittelbaren Auswirkungen für die diagnostische Endoskopie mit sich bringt, auch wenn dabei biopsiert wird. Schließlich gibt es Empfehlungen, bei H.p.-positiven Patienten, die längerfristig ASS einnehmen müssen, eine Eradikationstherapie vorzunehmen, um Blutungsepisoden, Häufigkeit von Erosionen und Entstehung von Ulzera zu reduzieren.

Auch für die therapeutische Endoskopie galt bislang, dass das Risiko einer Nachblutung nach Polypektomie oder Papillotomie nicht nennenswert erhöht ist, während in der „klassischen Chirurgie” bei Elektiveingriffen ein Intervall zwischen letzter Aspirineinnahme und Durchführung der Operation von 17 Tagen gefordert wird.

Schwieriger ist die Situation bei Patienten, die unter einer Therapie mit niedermolekularem Heparin (LMWH) oder einer Kombination mit Clopidogrel (Plavix) oder Ticlopidin (TIKLID) stehen. Hier hat die amerikanische Gesellschaft für gastroenterologische Endoskopie neue Leitlinien für 2005 publiziert (Standards of Practice Committee. ASGE guideline: The management of low-molecular-weight heparin and nonaspirin antiplatelet agents for endoscopic procedures. Gastrointest Endosc 2005;61:189-194).

Diese Empfehlungen lauten:

Prozeduren mit niedrigem Blutungsrisiko wie ÖGD oder Koloskopie mit oder ohne Biopsie können problemlos bei Patienten mit hohem kardiovaskulären Risiko durchgeführt werden, ohne dass die Therapie mit Antikoagulantien oder Thrombozytenaggregationshemmern unterbrochen wird. Findet sich aber bei einer diagnostischen Koloskopie ein großer Polyp, sollte die Polypektomie zu einem späteren Zeitpunkt vorgenommen werden. Bei Hochrisiko-Prozeduren (Polypektomie, Sphinkterotomie, pneumatische Dehnung, Bougierung, PEG, EUS-gesteuerte Feinnadelpunktion, Laserablationen und -Koagulation sowie Varizenbehandlung) sollte die Antikoagulation abgesetzt werden. Für niedermolekulares Heparin (LMWH) reicht es aus, wenn diese Medikationen mindestens 8 Stunden vor der endoskopischen Maßnahme erfolgt. Plavix oder Iscover sollten 7-10 Tage vor der geplanten Therapie abgesetzt werden. Bei Patienten, die unter einer Kombinationstherapie von Clopidogrel und Aspirin stehen, sollte überlegt werden, ob vor Durchführung der endskopischen Untersuchung die Doppelmedikation auf ein Medikament, bevorzugt Aspirin, reduziert werden kann. Eine Wiederaufnahme der gerinnungshemmenden Therapie sollte je nach Grundkrankheit individuell in einem entsprechenden zeitlichen Abstand erfolgen. So wird zum Beispiel empfohlen, mit der Kombination Clopidogrel und Aspirin 2 Wochen nach einer Polypektomie wieder zu beginnen.

In einigen Kliniken wird auch der sogenannte Aspirin-Test durchgeführt, bei dem die Thrombozytenaggregation gemessen wird. Damit lässt sich im Einzelfall feststellen, wann die Aspirin-Wirkung auf die Thrombozyten und damit auf die Blutungszeit abgeklungen ist. Doch ist dies ein etwas aufwendiges Verfahren, das in der Regel in der Praxis nicht zur Verfügung steht.