Aktuelle Ernährungsmedizin 2007; 32 - F3_7
DOI: 10.1055/s-2007-983382

Ernährungsprobleme bei Altenheimbewohnern führen zu Mangelernährung

L Pauly 1, D Volkert 1, P Stehle 1
  • 1Institut für Ernährungs- und Lebensmittelwissenschaften – Ernährungsphysiologie, Universität Bonn, Bonn, Deutschland

Einleitung: Ernährungsprobleme (EP), z.B. Appetitlosigkeit oder Kaubeschwerden, können im fortgeschrittenen Alter die Nahrungsaufnahme und daher den Ernährungszustand (EZ) negativ beeinflussen. Daten zur Häufigkeit von EP und ihrem Einfluss auf den EZ bei Altenheimbewohnern in Deutschland sind nicht verfügbar. Ziel dieser Studie war es daher, den Zusammenhang zwischen EP und dem Vorkommen von Mangelernährung (ME) bei Altenheimbewohnern zu untersuchen.

Methoden: Für die Bewohner aus 3 Bonner Altenheimen (öffentliche Träger) wurde im standardisierten Interview mit den betreuenden Pflegekräften das Vorkommen von 5 EP (Appetitlosigkeit, Kauprobleme, Schluckbeschwerden, Probleme beim Kleinschneiden der Nahrung und Hilfsbedürftigkeit beim Essen) abgefragt. Der EZ der Bewohner wurde mittels BMI (aktuelle Messung von Größe und Gewicht) beschrieben. Der Zusammenhang zwischen einzelnen EP bzw. der Anzahl vorliegender EP (0 vs. 1–2 vs. ≥3 EP) und dem Auftreten von Mangelernährung (BMI<22kg/m2) wurde mittels Chi2-Test auf statistische Signifikanz überprüft.

Resultate: 308 Bewohner (80,8% weiblich) im Alter von 85,1±8,1 Jahren mit einem mittleren BMI von 25,6±5,2kg/m2 nahmen an der Studie teil. Bei 25,4% lag der BMI<22kg/m2. Die 5 EP traten mit folgenden Häufigkeiten auf: 21,4% Appetitlosigkeit, 10,7% Kauprobleme, 9,1% Schluckbeschwerden, 53,9% Probleme beim Kleinschneiden, 52,6% Hilfsbedürftigkeit beim Essen. Insgesamt waren 38,8% der Bewohner frei von den genannten EP, 36,5% hatten 1–2 EP und 24,8% 3–5 EP. Bewohner mit einzelnen EP waren signifikant häufiger mangelernährt als Bewohner ohne das jeweilige Problem: für Appetitlosigkeit 43,9% vs. 20,2% (p<0,001), Kauprobleme 42,4% vs. 23,3% (p<0,05), Schluckbeschwerden 60,7% vs. 21,8% (p<0,001), Probleme beim Kleinschneiden der Nahrung 33,7% vs. 15,5% (p<0,001) sowie für Hilfsbedürftigkeit beim Essen 35,8% vs. 13,7% (p<0,001). Insgesamt hatten Bewohner mit 3 oder mehr EP deutlich häufiger ME (46,1%) als Bewohner mit 1–2 EP (25,9%) oder ohne EP (11,7%) (p<0,001).

Konklusionen: Die Ergebnisse zeigen einen deutlichen Zusammenhang zwischen EP und dem Vorkommen von Mangelernährung. Zusätzlich zur Erfassung des EZ durch die Pflege sollten auch EP frühzeitig erkannt werden. Eine ausreichende Bereitstellung individueller unterstützender oder abhelfender Maßnahmen für Probleme bei der Nahrungsaufnahme ist erforderlich.