Geburtshilfe Frauenheilkd 2007; 68 - FV1_4
DOI: 10.1055/s-2007-983641

Management bei Plazenta percreta – zunehmende Inzidenz bei steigender Sectiorate

M Graeser 1, P Mallmann 1, M Hoopmann 1
  • 1Gynäkologie und Geburtshilfe – Klinik und Polklinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe der Universität zu Köln, Köln

Kasuistiken: 1. Eine 31-jährige V Gravida IV Para, Zustand nach 3 maliger Sectio caesaria, wurde in der 17. SSW mit Verdacht auf Uterusruptur vorgestellt. Es bestanden keine Schmerzen oder Blutungen. Die Blasenhinterwand, Uterotomie und die plazentare Basalplatte bildeten eine nicht von einander abgrenzbare Schicht von <3mm, so dass die Verdachtsdiagnose einer Plazenta percreta gestellt werden musste. Es erfolgten regelmäßige Verlaufskontrollen, Aufklärung über Therapieoptionen, stationäre Überwachung ab der 31. SSW. Bei Zervixverkürzung und Wehentätigkeit wurde in der 33. SSW eine komplikationslose Sectiohysterektomieüber den konventionellen Pfannenstielquerschnitt unter Schonung der Plazenta durchgeführt. Intraoperativ und histologisch bestätigte die pränatale Diagnose. Die Mutter erhielt weder intra- noch postoperativ Transfusionen. 2. Eine 32-jährige IV Gravida II Para, Zustand nach einem Spontanpartus und einer primären Sectio caesaria wurde in der 31. SSW mit Zervixinsuffizienz und Verdacht auf Plazenta percreta verlegt. Sonographisch zeigte sich eine Plazenta praevia totalis mit dringendem Verdacht auf Plazenta percreta. Bei zunehmender Zervixverkürzung wurde die Sectiohysterektomie in der 35. SSW durchgeführt. Hierbei wurde die Plazenta bei Uteruseröffnung verletzt, so dass der Blutverlust Transfusion mit 2 Eks erforderte. 3. Eine 43-jährige II Gravida I Para Zustand nach sekundärer Sectio caesarea wurde mit vaginaler Blutung bei Plazenta praevia totalis in der 34. SSW verlegt. Bei rezidivierenden Blutungen und beginnender Wehentätigkeit wurde die sekundären Sectio caesarea durchgeführt. Erst intraoperativ zeigte sich eine Plazenta percreta. Es wurde eine Sectiohysterektomie bei Atonie und Massenblutung durchgeführt. Intraoperativer Blutverlust von ca. 5 L, Gabe von 8 EK s, 5FFPs. Anschließend erfolgte eine Intensivmedizinische Überwachung für 24h.

Diskussion: Das Vorkommen der Plazenta accreta, increta oder percreta ist eine seltene, aber häufig schwerwiegende Komplikation. Es liegt eine pathologische Invasionstiefe der Plazentazotten vor. Bei der Plazenta accreta reichen die Zotten bis in die Dezidua basalis. Plazenta increta: Zotten reichen bis ins Myometrium, Plazenta percreta: Zotten reichen bis zur Uterusserosa bzw. in Nachbarorgane. Ätiologie: Es besteht eine abnorme feto-maternale immunologische Situation. Begünstigende Faktoren sind uterine Narben, Multiparität, tiefer Plazentasitz. Die Inzidenz ist steigend, in der englischen Literatur sind von 1978–2001 18 Fälle beschrieben und 2002- Mitte 2004 66 Fälle (1). Generell gilt für die Häufigkeit: 1:2500 aller Geburten, 1:10–20 bei Plazenta praevia, 1:4 bei Plazenta praevia und Z.n. 1x Sectio, 1:2,5 bei Z.n. 2x Sectio und anteriorer Plazenta (2). Es tritt häufiger nach sekundärer als nach primärer Sectio auf. Therapie: Es stehen 2 Strategien peripartal zur Verfügung: neben der elektiven Hysterektomie kann ein uteruserhaltendes Vorgehen angeboten werden. Das konservative Management baut auf das Belassen der Plazenta und ggf. Nachbehandlung mit Methotrexat oder Embolisation und postpartalen ß-HCG-Kontrollen. Es hat den Fertilitätserhalt und die Minderung des Blutungsrisikos zum Ziel. Kayman et al.(3) konnte zeigen, dass dieses Vorgehen eine sichere Alternative zum operativen Management bietet. Entscheidend für das Management und das Outcome ist die präpartal gesicherte Diagnose, wie in den oben gezeigt. Zur Diagnostik gehört die sonographische Untersuchung, weitere Techniken wie zum Beispiel die Kernspintomographie werden kontrovers diskutiert.

1. Maymon R et al. Ectopic pregnancies in a Caesarean scar: review of the medical approach to an iatrogenic complication. Hum Reprod Update, Nov-Dec 2004,10(6) p515–23

2. Bhide A et al. Recent advances in the management of placenta previa.

Curr Opin Obstet Gynecol, Dec 2004, 16(6) p447–51

3. Kayem G, et al. Conservative versus extirpative management in cases of placenta accreta. Obstet Gynecol Sep2004, 104(3) p531–6