Der Klinikarzt 2007; 36(6): 324
DOI: 10.1055/s-2007-984704
Zum Thema

© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Minimalinvasive Chirurgie und Fast-track

Further Information

Publication History

Publication Date:
28 June 2007 (online)

Dass die minimalinvasive und die Fast-track-Chirurgie sehr eng miteinander verbunden sind, ist nicht immer jedem bewusst. Aber das perioperative Fast-track-Konzept hätte sich wohl ohne die positiven Erfahrungen mit der minimalinvasiven Operationstechnik nur mühevoller durchsetzen lassen. Hat doch die minimalinvasive Chirurgie Dogmen der traditionellen konservativen Chirurgie außer Kraft gesetzt, die jegliche Ambitionen zum Fast-track-Konzept bereits im Keim erstickt hätten. Beispielsweise ist der laparoskopischen Chirurgie zu verdanken, dass überflüssige und teilweise sogar schädliche perioperative Maßnahmen hinterfragt und schließlich abgeschafft wurden. Heute ist eine längere Nahrungskarenz obsolet und auch eine sofortige Mobilisation ist möglich. Zudem schien es einfacher, auf die präoperative Darmvorbereitung zu verzichten. Die laparoskopische Chirurgie ist demnach bereits die erste Form eines Fast-track-Prinzips.

Darüber hinaus hat die minimalinvasive Chirurgie die Technik der offenen Chirurgie beeinflusst. Schichtgerechtes blutarmes Operieren - eine Voraussetzung für laparoskopische Eingriffe - war in der traditionellen Chirurgie nicht immer selbstverständlich. Moderne Dissektions- und Klammernahtverfahren, die zunächst für die laparoskopische Chirurgie entwickelt wurden, wurden später auch für die konventionelle Chirurgie entdeckt, sodass mit diesen Techniken auch offenes Operieren heute viel schonender erfolgen kann. Von dieser Entwicklung hat die Fast-track-Chirurgie ebenfalls stark profitiert.

Minimalinvasive Verfahren sind fester Bestandteil vieler chirurgischer Fächer, und in der Abdominalchirurgie wird der Begriff zumeist auch als Synonym für laparoskopische Eingriffe verwendet. Cholezystektomien, Fundoplicationes, Appendektomien, Adrenalektomien und Sigmaresektionen, sowie - mit Einschränkungen - die Hernienchirurgie erfolgen heute überwiegend laparoskopisch. In den nächsten Jahren wird zudem die Adipositaschirurgie noch erheblich an Bedeutung gewinnen.

Die Kombination aus minimalinvasiver Operationstechnik und einem multimodalen Fast-track-Konzept scheint für viele der Weg der Zukunft zu sein, besonders bei größeren onkologischen Eingriffen. Hier hat die minimalinvasive Technik bislang jedoch noch nicht den erhofften Durchbruch erzielt. Komplexere Eingriffe an Ösophagus, Leber, Pankreas und Rektum beim Malignom sind bisher nicht flächendeckend verbreitet, obwohl an ausgewiesenen Zentren ihre Machbarkeit und auch ihre potenziellen Vorteile gegenüber der offenen Technik gezeigt werden konnten. Der technische Aufwand und die notwendige enorme Expertise des Operationsteams scheinen bedeutsame Hürden bei der Verbreitung dieser Techniken zu sein.

Auch der Operationsroboter kommt aufgrund hoher Kosten in der Viszeralchirurgie nur sehr vereinzelt zum Einsatz, obwohl - zumindest bei ausgewählten Eingriffen wie der Ösophagusresektion oder der tiefen Rektumresektion - spürbare Vorteile zu erwarten sind. Verbesserte Ergonomie, beweglichere Instrumente und die dreidimensionale Sicht ermöglichen eine einfachere Umsetzung besonders schwieriger chirurgischer Schritte. Vergleichbar mit dem rasanten Aufschwung der laparoskopischen radikalen Prostatektomie mit dem Operationsroboter in den USA, wo im Jahr 2006 mehr als 30000 Eingriffe auf diese Weise durchgeführt wurden, könnte sich auch in Deutschland mit dieser Technik zum Beispiel die minimalinvasive tiefe anteriore Rektumresektion durchsetzen. Aus unserer Sicht können zukünftige Features solcher Systeme, wie Navigationshilfen und Assistenztools, langfristig zu einem Durchbruch nicht nur der komplexen minimalinvasiven, sondern generell der computerbasierten Chirurgie führen.

Prof. Dr. Carsten N Gutt

Heidelberg

    >