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DOI: 10.1055/s-2007-984997
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York
Rudolf Karl Freudenberg (1908-1983)
Publication History
Publication Date:
03 July 2007 (online)
Rudolf Karl Freudenberg (1908-1983), in Weinheim (heute Rhein-Neckar-Kreis) geborener Psychiater, wurde, da er mit seiner Frau Juden unterstützte, 1935 in Deutschland entlassen. Er ging nach Wien zu Manfred Sakel. Als dessen Assistent und bis in die 1940er Jahre wirkte er als einer der Pioniere der Einführung der Insulinkomabehandlung. Mit Blick auf die politische Situation emigrierte er 1937 nach Großbritannien. Hier war er von 1951 bis 1973 als Ärztlicher Direktor im Netherne Hospital in Couldson (Surrey) sowie als Beirat der britischen Regierung für Fragen des psychiatrischen Versorgungssystems, insbesondere während der sozialpsychiatrischen Reformen, tätig. In zahlreichen Publikationen trieb er gerade letztere mit voran. 1962 beschrieb er in einem Schlüsselaufsatz im "Nervenarzt" (1962; 33: 165-172) das Anstaltssyndrom als eine soziale und psychische Symptomatik, die bei psychiatrischen Langzeitpatienten nach wenigstens zwei Jahren (70-80% der damaligen britischen Patienten) auftritt und sich unabhängig von den eigentlichen, jeweiligen krankheitstypischen Erscheinungen entwickelt oder diese überlagert und somit die eigentliche Erkrankung verkennen lässt. Zu diesen Anstaltssyndromen zählte Freudenberg den Verlust der Selbstachtung, Selbstständigkeit und normaler Arbeitsgewohnheiten der Patienten, zunehmende Antriebslosigkeit und Apathie, Isolation von der Außenwelt und den sozialen und wirtschaftlichen Bankrott. Um dieser Abhängigkeit von der Anstalt entgegenzuwirken, sei für die Patienten frühest möglich eine Orientierung auf teilstationäre, ambulante oder Familienpflege angezeigt. Weitere Initiativen, die während der stationären Unterbringung an Freudenbergs Klinik zur Überwindung des Anstaltssyndroms ergriffen wurden, beschreibt er in seinem Aufsatz.