Rehabilitation (Stuttg) 2007; 46(4): 197
DOI: 10.1055/s-2007-985163
Editorial

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Qualitätssäulen in der medizinischen Rehabilitation

Pillars of Quality in Medical Rehabilitation
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Publication Date:
24 August 2007 (online)

In der medizinischen Rehabilitation, zunehmend aber auch in der beruflichen Rehabilitation haben sich in den letzten zehn bis fünfzehn Jahren mehrere wichtige Qualitätssäulen entwickelt, die eine ständige evidenzbasierte Leistungserbringung und qualitätsorientierte Weiterentwicklung fördern: die Rehabilitationsforschung, das systematische Qualitätsmanagement bzw. Qualitätssicherung und die Leitlinienentwicklung. Zwischen den genannten Säulen bestehen dabei enge Wechselwirkungen. So ist das Qualitätsmanagement auch Gegenstand der Forschung, umgekehrt orientiert sich dieses an den Erkenntnissen der Forschung, und an den Forschungsergebnissen richten sich die Leitlinien aus, die wiederum die Inhalte der Qualitätsentwicklung mitbestimmen. Der erreichte hohe Stellenwert der Qualitätsentwicklung und Qualitätssicherung in der Rehabilitation kommt nicht nur durch die programmatischen Initiativen von Rehabilitationsträgern (vgl. dazu vor allem die umfassenden Qualitätssicherungsprogramme von Kranken- und Rentenversicherung) und von Leistungserbringern (vgl. dazu zum Beispiel die Programme zum internen Qualitätsmanagement sowie zu den Zertifizierungsangeboten) zum Ausdruck. Darüber hinaus ist die zunehmende Bedeutung von Leitlinien vor allem der Fachgesellschaften (teilweise auch entwickelt in Zusammenarbeit mit Rehabilitationsträgern) zu erwähnen, die sich unmittelbar auf den Forschungsstand eines jeweiligen Fachgebietes beziehen und auf diesen aufbauen (vgl. dazu etwa die Arbeit der Leitlinienkommission der Deutschen Gesellschaft für Rehabilitationswissenschaften).

Die hohe Bedeutung von Qualitätssicherung und des Qualitätsmanagements spiegelt sich auch in verschiedenen gesetzgeberischen Initiativen wider. So sind die Rehabilitationsträger durch das Sozialgesetzbuch IX - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - ausdrücklich verpflichtet worden, zur Sicherung und Weiterentwicklung der Qualität der Leistungen gemeinsame Empfehlungen auf der Ebene der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation als Grundlage für ein effektives Qualitätsmanagement zu vereinbaren. Die Leistungserbringer sind verpflichtet, ein Qualitätsmanagement sicherzustellen, das die Qualität der Versorgung gewährleistet und kontinuierlich verbessert (§ 20 SGB IX). Zudem sind Qualitätsanforderungen auch ausdrücklich Gegenstand von Verträgen mit Leistungserbringern (§ 21 SGB IX).

Das Qualitätsmanagement wurde auf der Ebene des Gesetzgebers zuletzt durch die Gesundheitsreform 2007 (GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz - WSG) fortentwickelt. Danach haben sich nun stationäre Rehabilitationseinrichtungen an einem Zertifizierungsverfahren bezogen auf ein einrichtungsinternes Qualitätsmanagement verbindlich zu beteiligen - dies konnte bisher auf freiwilliger Grundlage erfolgen -, deren grundsätzliche Anforderungen die Spitzenverbände der Rehabilitationsträger im Rahmen der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation vereinbaren (§ 20 Abs. 2 und 2a SGB IX) (vgl. dazu und zu den Konsequenzen auch den Bericht über den 1. Deutschen Reha-Rechtstag in dieser Ausgabe). Stationäre Rehabilitationseinrichtungen sind zukünftig nur dann als „geeignet“ anzusehen, wenn sie zertifiziert sind (§ 21 Abs. 3 SGB IX). Die verschiedenen Qualitätssicherungssysteme (sowohl intern als auch extern) bedürfen damit einer noch engeren inhaltlichen, organisatorischen und formellen Abstimmung.

Unsere Zeitschrift versteht sich als Forum, das nicht nur regelmäßig über neue Forschungsergebnisse informiert, sondern auch über die aktuellen Entwicklungen in der Qualitätssicherung und bei den Leitlinien berichtet. So enthält diese Ausgabe Ergebnisse eines Pilotprojektes über die Qualitätssicherung in der ambulanten medizinischen Rehabilitation am Beispiel muskuloskeletaler sowie kardiologischer Erkrankungen. Der gemeinsame Ansatz von Kranken- und Rentenversicherung ist ermutigend und wird eine weitere Annäherung der Verfahren im stationären Bereich begünstigen. Ein anderer Beitrag berichtet über Ergebnisse zur Leitlinienentwicklung für die Rehabilitation am Beispiel von Patientinnen mit Mammakarzinom. Es handelt sich um ein Teilprojektes des Leitlinienprogramms der Deutschen Rentenversicherung, das u. a. auch Daten der Klassifikation therapeutischer Leistungen (KTL) systematisch einbezieht. Die festgestellte Varianz zwischen den Einrichtungen unterstreicht, dass die Entwicklung und Implementierung von evidenzbasierten Leitlinien in der Rehabilitation unverzichtbar ist.

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