Aktuelle Ernährungsmedizin 2007; 32(5): 211-212
DOI: 10.1055/s-2007-986176
Nachruf
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Nachruf: Prof. Dr. med. Reinhold Kluthe

Obituary: Prof. Dr. med. Reinhold KlutheO.  Adam1
  • 1Deutsche Akademie für Ernährungsmedizin
Further Information

Publication History

Publication Date:
26 September 2007 (online)

Prof. Dr. med. Reinhold Kluthe

Der Name von Prof. Dr. med. Reinhold Kluthe ist untrennbar mit der Entwicklung der Ernährungsmedizin in Deutschland verbunden. Neben seinen wissenschaftlichen Leistungen, besonders als Nephrologe und Ernährungsmediziner, sind sein berufspolitisches Engagement und sein unermüdlicher Einsatz für die Etablierung der Ernährungsmedizin in Deutschland einzigartig. Ausgehend von einer kleinen Gruppe ernährungswissenschaftlich interessierter Ärzte, der Arbeitsgemeinschaft für klinische Diätetik, die anlässlich eines Kongresses in New York im Jahr 1968 die Gründung der ersten Gruppe „Ernährungsmediziner” beschlossen, hat die Initiative von Reinhold Kluthe 1984 zum Angebot von Kursen in Ernährungsmedizin geführt. Seine Vision war die einheitliche Ausbildung in Ernährungsmedizin, der erste Schritt zu der von ihm zeitlebens angestrebten Querschnittsfach Ernährungsmedizin. Er prägte mit den von ihm seit 1984 durchgeführten Kursen in Ernährungsmedizin die strukturierte fachliche Ausbildung der Ärzte zum Ernährungsmediziner und die Einführung des Ernährungsbeauftragten Arztes in den Krankenhäusern. Unter seiner Federführung und maßgeblich von ihm gestaltet entstand unter Mitwirkung namhafter Ernährungsmediziner und Ernährungswissenschaftler das erste Curriculum Ernährungsmedizin. Es folgte in großen Teilen den von Prof. Kluthe an der Deutsche Akademie für Ernährungsmedizin durchgeführten und erprobten Kursen. Im Jahr 1998 wurde es dann von der Bundesärztekammer herausgegeben. Damit war zum ersten Mal eine bundesweit einheitliche und allgemein verbindliche Richtlinie für die Ausbildung der Ärzte in Ernährungsmedizin in Deutschland geschaffen worden. Vor kurzem wurde die zweite Fassung von der Bundesärztekammer verabschiedet.

Prof. Dr. med. Reinhold Kluthe wurde am 8. Juli 1928 im Saarland geboren und studierte Medizin in Homburg/Saar und Freiburg. Nach dem Staatsexamen 1955 und der Promotion 1956 war Kluthe Assistent am Hygieneinstitut Freiburg bei Prof. Haas und an der Medizinischen Universitäts-Poliklinik in Freiburg bei Prof. Sarre. Nach Forschungsaufenthalten in Bern am Biochemischen Institut sowie am Kantonsspital Basel habilitierte er 1964 im Fach Innere Medizin mit der Arbeit „Pathogenese und Klinik des Eiweißstoffwechsels beim nephrotischen Syndrom”. Er wurde 1970 zum außerplanmäßigen Professor an der Universität Freiburg ernannt. 1965 wurde er Oberarzt und 1975 Kommissarischer Direktor der Medizinischen Poliklinik. Seit 1977 war er Leiter der neu eingerichteten Sektion Ernährungsmedizin und Diätetik an der Medizinischen Universitätsklinik Freiburg. Er war am Universitätsklinikum Freiburg der erste ernährungsbeauftragte Arzt Deutschlands.

Ein weiterer Meilenstein für die Entwicklung der Ernährungsmedizin in Deutschland war 1975 die Gründung der Deutschen Arbeitsgemeinschaft für klinische Ernährung und Diätetik (DAKED), der Prof. Kluthe vorstand. Aus dieser Arbeitsgemeinschaft entstand durch Vereinigung mit der Deutschen Arbeitsgemeinschaft für künstliche Ernährung (DAKE) die Deutsche Gesellschaft für Ernährungsmedizin (DGEM). Diese beauftragte im Gründungsjahr die DAEM mit der praktischen Durchführung der Kurse in Ernährungsmedizin.

Als akademischer Lehrer machte er sich besonders durch die Gründung der ersten Akademie für Ernährungsmedizin in Deutschland einen Namen. Er war von 1983 bis Ende 2004 Präsident der Deutschen Akademie für Ernährungsmedizin e. V. und in dieser Funktion nicht nur wissenschaftlich, sondern v. a. auch berufspolitisch sehr engagiert. In Kooperation mit der 1991 gegründeten DGEM e. V. wurde Qualifikation ErnährungsmedizinerIn DAEM/DGEM® von ihm ins Leben gerufen.

Sein wissenschaftliches Interesse galt stets der Prophylaxe und Therapie ernährungsabhängiger Krankheiten. Kluthe hat im Zeitalter der Pharmakotherapie die Diätetik als wissenschaftlich fundierte Therapieform für Stoffwechselerkrankungen etabliert. Die im Rahmen der von ihm entwickelten Kartoffel-Ei-Diät definierte Eiweißzufuhr hat sich in den modernen Varianten als zweckmäßige und effektive Therapie chronischer Nierenerkrankungen erwiesen. Sein besonderes Interesse galt auch der ernährungstherapeutischen Intervention bei Hypertonie und Adipositas. Schon früh begann er die Wirkungen der Salzrestriktion für Hypertoniker zu untersuchen und prägte mit den Begriff der salz-sensitiven Patienten.

Aus Kluthes wissenschaftlicher Tätigkeit entstammen über 350 Publikationen zu Problemen des Stoffwechsels und der Klinik von Nieren- und Hochdruckkrankheiten sowie ernährungsabhängiger Erkrankungen, sowie zahlreiche Bücher und Fachbuchbeiträge. Hervorzuheben ist sein heute noch aktuelles Buch „Diätbuch für Nierenkranke”, das er zusammen mit H. Quirin herausgegeben hat und das seit 1968 zahlreiche Auflagen erlebte. Seine wegweisende wissenschaftliche Aktivität spiegelt sich auch in den 3 von ihm begründeten wissenschaftlichen Zeitschriften wider: „Clinical nephrology”, „Nieren- und Hochdruckkrankheiten” sowie „Aktuelle Ernährungsmedizin”. Besonders die „Clinical nephrology” hat unter seiner Schriftleitung internationale Bedeutung erlangt. Die „Aktuelle Ernährungsmedizin”, deren Schriftleiter und Herausgeber er viele Jahre war, ist heute das Fachorgan der Deutschen Gesellschaft für Ernährungsmedizin und der Deutschen Akademie für Ernährungsmedizin. Seit 1993 gab er im Spitta Verlag das Lose-Blattwerk „Handbuch der Ernährungsmedizin in Klinik und Praxis” heraus, das im Rahmen der Fortbildung Ernährungsmedizin auch wichtige Impulse für die Erstellung des ersten Curriculums Ernährungsmedizin gab.

Als Anerkennung für seine besonderen Verdienste auf dem Gebiet der klinischen Ernährung und der Entwicklung der Ernährungsmedizin wurden Herrn Prof. Kluthe 1997 die Medaille der Stiftung zur Förderung der Ernährungsforschung und Ernährungsaufklärung (ISFE), 2003 die Kofranyi-Medaille und 2003 die erstmals vergebene Konrad-Lang-Medaille der Deutschen Gesellschaft für Ernährungsmedizin verliehen.

Nach langer und mit großer Geduld ertragener Krankheit ist Prof. Dr. Reinhold Kluthe am 16.7.2007 von uns gegangen. Wir nehmen Abschied von dem Gründungspräsidenten der DAKED, dem Gründer und langjährigen Präsidenten der Deutschen Akademie für Ernährungsmedizin e. V., dem Initiator und ehemaligen Schatzmeister des Bundesverbandes Deutscher Ernährungsmediziner e. V. sowie dem Leiter der Sektion Ernährungsmedizin und Diätetik des Universitätsklinikums Freiburg von 1977 bis 1991. Professor Kluthe bleibt unvergessen als Wegbereiter der modernen Ernährungsmedizin und Begründer der strukturierten ärztlichen Fortbildung auf diesem Gebiet. Wir gedenken seiner herausragenden Leistungen mit Hochachtung und tiefer Dankbarkeit und werden ihn und sein Wirken sehr vermissen.

Prof. Dr. Olaf Adam
für das Präsidium der Deutschen Akademie für Ernährungsmedizin

Prof. Dr. Olaf Adam

Deutsche Akademie für Ernährungsmedizin

Reichsgrafenstraße 11

79102 Freiburg

Email: olaf.adam@lrz.uni-muenchen.de