Geburtshilfe Frauenheilkd 2007; 67 - A2
DOI: 10.1055/s-2007-989141

Zwei Modelle für den Einsatz von Zellkulturen in der Endometriose-Forschung: Separate Kultur von endometrialen Epithel- und Stromazellen sowie Kultur von Neuroblastoma-Zelllinien zur Erforschung des neurotropen Effekts der Peritonealflüssigkeit von Endometriose-Patientinnen

NA Bersinger 1, M Brodbeck 1, A Huber 1, MD Mueller 1
  • 1Universität Bern, Frauenklinik, Bern (Schweiz)

Studienziel: Zellkulturen finden verbreitet Anwendung in der klinischen Grundlagenforschung sowohl als Primärkulturen als auch als Modelle mit transformierten Zelllinien. Primärkulturen werden eingesetzt, um die Sekretionsdynamik endometrialer Drüsen (Epithelzellen) und stromaler Zellen separat zu beobachten. Gemäß dem heutigen Wissensstand besteht keine Korrelation zwischen dem Ausmaß der Schmerzen und dem Schweregrad der laparoskopisch untersuchten Endometriose (rAFS stage) oder den Konzentrationen pro-inflammatorischer Cytokine in der aspirierten Peritonealflüssigkeit. Das fehlende Glied in einer solchen Assoziation könnte die Aktivität des sensorischen Nervengewebes sein, d.h. diese könnte mit dem Schmerzzustand korrelieren. Aus diesem Grunde untersuchten wir den Effekt zugegebener Peritonealflüssigkeit (PF) von Endometriose-Patientinnen und von endometriosefreien Kontrollen auf kultiviertes Nervengewebe, und zwar in dieser ersten Etappe auf Neuroblastoma-Zelllinien.

Patientinnen, Material und Methoden: Für die Primärkulturen wurde biopsiertes Endometriumgewebe mit Collagenase behandelt und dann stufenweise (100 bis 40µm) filtriert um die Zelltypen (Epithel und Stroma) zu trennen. Beide Präparate wurden dann verschiedenen Cytokinen ausgesetzt und die Sekretion der Chemokine Interleukin-8 (IL-8) und Epithelial Neutrophil-Activating Peptide-78 (ENA-78) ermittelt. Humane Neuroblastoma Linien (CHP-100 und verschiedene SK-Linien) wurden zuerst unter Wachstumsbedingungen (5% Horse Serum in Iscoves Medium) angesetzt, anschließend wurde auf serumfreies Medium (Opti-MEM) umgestellt und nach 24 Std. aufbereitete, sterilfiltrierte Peritonealflüssigkeit, gepoolt von Patientinnen mit oder ohne Endometriose, als 10%(v/v)-Supplement in Opti-MEM zugegeben. Nach 24 Std. Kulturdauer wurde die Morphologie der Zellen beurteilt und ihre proliferative Aktivität gemessen. Der Überstand (conditioned medium) wurde zentrifugiert und eingefroren. Als erster biochemischer Endpoint wurde TGF-β in diesen Medien immuno-analytisch bestimmt.

Resultate: Die Cytokeratin- und CD10-Markierung zeigte, dass die Epithelial- und Stromazellen des Endometriums klar getrennt werden konnten und jeweils eine Reinheit von über 99% aufwiesen. In beiden Zelltypen konnte die Freisetzung von IL-8 und ENA-78 durch IL-1β- oder TNF-α-Exposition bewirkt werden. Die Produktion von TGF-β durch Neuroblastoma-Zellkulturen ließ sich hingegen in unserem Modell durch die Gegenwart von 10% Peritonealflüssigkeit im Medium nicht signifikant beeinflussen und war zwischen den verschiedenen Zelllinien sehr unterschiedlich.

Schlussfolgerungen: Durch den Einsatz von Primärkulturen konnten wir zeigen, dass auch die epithelialen Drüsen im Endometrium mit erhöhter Chemokin-Sekretion auf inflammatorische Stimuli reagieren, die unter Endometriose aufreguliert sind. Hingegen konnte via TGF-β kein neurotroper Effekt von Peritonealflüssigkeit auf humane Neuroblastoma-Zelllinien nachgewiesen werden – das Bindeglied zwischen inflammatorischer Stimulation und empfundenem Schmerz scheint noch nicht gefunden zu sein.