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DOI: 10.1055/s-2007-989181
Mit Endometriose leben – wie?
Die Endometrioseerkrankung beeinflusst alle wesentlichen Lebensbereiche der betroffenen Frauen. Der Krankheitsverlauf ist mit verschiedenen Einschränkungen und Verlusten verbunden, und viele Patientinnen kennen kaum noch ein normales Leben. Wenn nach oft jahrelanger Odyssee die Diagnose gestellt wird, kann zunächst Erleichterung darüber eintreten, dass die Auslöser der Beschwerden fassbarer werden. Damit verbunden sind die Hoffnung auf eine effiziente Behandlung, aber auch Wut und Enttäuschung über den langen Leidensweg sowie Vertrauensverlust gegenüber den Ärzten. Im Verlauf der Erkrankung können beim Auftreten von Rezidiven zudem Gefühle der Hilflosigkeit und Ohnmacht eintreten. Die Erkrankung und die damit verbundenen Therapien werden als gravierender Einschnitt in die gesamte Gefühlswelt erlebt. Neben der Vielzahl belastender Emotionen treten bei den Frauen Veränderungen in der Beziehung zu sich selbst und dem eigenen Körper auf, wobei nicht selten die eigene Weiblichkeit und Attraktivität in Frage gestellt wird. Eine weitere Belastung stellen sexuelle Probleme dar, die häufig mit Partnerschaftsproblemen verbunden sind. Ein womöglich unerfüllter Kinderwunsch kann zusätzlich schwere Lebens-und Beziehungskrisen auslösen. In der Beziehung zum sozialen Umfeld erleben die Patientinnen oft Unverständnis, da die Erkrankung nach außen nicht sichtbar wird. Es besteht bei den Frauen der verständliche Wunsch, verstanden und mit der Krankheit angenommen zu werden. Sind diese Bemühungen gescheitert, erfolgt häufig ein Rückzug verbunden mit sozialer Isolation und Resignation. Aufgrund der zeitweise eingeschränkten Belastbarkeit sowie Leistungsfähigkeit können auch im beruflichen Umfeld Probleme auftreten. Dabei stehen die Patienten im Spannungsfeld zwischen den Erwartungen des Arbeitgebers und ihren Leistungsmöglichkeiten. Zusätzlich treten Konflikte zwischen der eigenen Leistungsfähigkeit und den eigenen Leistungsansprüchen auf. Nicht selten versuchen die betroffenen Frauen, die empfundenen Defizite durch eine erhöhte Arbeitsleistung auszugleichen, wodurch Überlastungsreaktionen ausgelöst werden. Die Erkrankung erfordert demnach vielfältige Anstrengung und Anpassungen, vor allem bezüglich der Auseinandersetzung mit der Erkrankung, zur emotionalen Stabilisierung, zum Erhalt wichtiger Sozialbeziehungen, zur Bewältigung schwieriger Therapien/mehrfacher Krankenhausaufenthalte, zur Schmerzbewältigung, zur Stressbewältigung. Wie können Patienten mit diesen Belastungen umgehen? Der Prozess der Krankheitsverarbeitung ist ein dynamisches Geschehen, das von den betroffenen Patienten eine längere Entwicklung erfordert, in deren Verlauf sie wiederum eine fortwährende Entwicklung durchläuft. Muthny definiert Krankheitsverarbeitung „als Gesamtheit der Prozesse, um bestehende oder erwartete Belastungen im Zusammenhang mit Krankheit emotional, kognitiv und rational aufzufangen, auszugleichen oder zu meistern“. Die Krankheitsverarbeitung ist für jeden etwas Einzigartiges, Individuelles, abhängig von der Lebenssituation (Lebensalter, Lebensumstände, bisherige Erfahrungen mit Lebenskrisen u.a.). Die Bewältigungsformen beziehen sich auf die Ebenen des Fühlens, des Denkens und des Handelns. Als Bewältigungsformen auf der Handlungsebene zeigen sich: Kompensation, Zuwendung/Verständnis suchen, Rückzug, Emotionen ausleben/kontrollieren, konstruktive Aktivität, Aktionismus, Schonung. Kognitiv emotionale Strategien äußern sich in Dissimulieren, Verdrängung/Vermeidung, Ablenkung, Problemanalyse, Rumifizieren, Stoizismus. Als intrapsychisch-emotionale Strategien gelten: Haltung bewahren, Auflehnung, Selbstbeschuldigung. Die Förderung individueller und sozialer Ressourcen der Betroffenen ist daher eine wichtige Aufgabe, um die Krankheit adäquat zu bewältigen und Lebensqualität zu erhalten.