Geburtshilfe Frauenheilkd 2007; 67 - A59
DOI: 10.1055/s-2007-989198

EGFR-Expression – tumorbiologische Eigenschaften der Endometriose

J Herbel 1, S Mechsner 1, AD Ebert 1, 2
  • 1Charité – Universitätsmedizin Berlin, Campus Benjamin Franklin, Endometriosezentrum, Berlin
  • 2Vivantes Humboldt-Klinikum, Klinik für Gynäkologie und Geburtsmedizin, Babyfreundliches Krankenhaus der WHO/UNICEF, Endometriosezentrum Berlin Stufe III, Schwerpunkt Gynäkologische Onkologie, Berlin

Hintergrund: Das EGF Rezeptor-System, mit seinen Vertretern EGFR und HER-2 bis -4, ist stark mit endokrin-abhängigen, malignen Erkrankungen assoziiert und kann als survival pathway für diese Tumorzellen fungieren, wie z.B. HER-2 im Mammakarzinom. Es wurde gezeigt, dass bei einem medikamentösen Östrogenentzug in Mammakarzinomzellen die Rezeptoren EGFR und HER-2 hochreguliert wurden. Somit ergab sich ein direkter Zusammenhang zwischen der endokrinen Behandelbarkeit des Mammakarzinoms und den EGF Rezeptoren, der auch mit den Rezidivraten der Tumore assoziiert wird. Über einen möglichen Einfluss dieses Systems in der Endometriose ist wenig bekannt. Aus diesen Beobachtungen ergab sich die Fragestellung, ob die EGF Rezeptoren in Endometrioseläsionen exprimiert werden und weiterführend von den Endometriosezellen als survival pathway unter endokriner Therapie benutzt werden können und somit ein Einfluss der EGF Rezeptoren auf die Behandelbarkeit und Rezidivbildung der Endometriose (EM) postuliert werden kann.

Methoden: Immunhistochemie. Gewebe: 48 peritoneale, 12 ovarielle und 32 rectovaginale EM-Läsionen. Zudem wurden die Expressionsrate von Östrogen Rezeptor a (ERa) der endometriotischen Läsionen bestimmt. Statistische Auswertung: Expressionsmuster der EGF-Rezeptoren, des ERa, der klinischen Daten: Stadium der Erkrankung, endokrine Therapie, Zyklusphase und Lokalisation der EM-Läsionen (peritoneal, ovariell, rectovaginal) im generellen linearen Modell (GLM) und dem Mann Whitney U-Test. Weiterhin wurde ein in vitro-Modell der EM etabliert und mittels Immunfluoreszenz charakterisiert. Anhand des in vitro-Modells wurde die endokrine Regulation der EGF Rezeptoren in primären EM-Zellen analysiert (Morphologie, Western blot Analyse).

Ergebnisse: Alle vier EGF Rezeptoren sind in peritonealen, ovariellen und rectovaginalen EM-Läsionen exprimiert. In allen untersuchten Proben konnte eine nukleare Expression von HER-4 in Epithel- und Stromazellen nachgewiesen werden. Statistisch signifikante Zusammenhänge konnten zwischen den Expressionsintensitäten der EGF Rezeptoren und den jeweiligen Lokalisationen der Läsionen gefunden werden (HER-2, -3 & -4 (p<0.001). In den ovariellen Läsionen konnte eine statistisch signifikante Korrelation zwischen EGFR und ERa (p<0.017) festgestellt werden, die eine inverse Tendenz besaß. Die im in vitro-Modell durchgeführten Versuche zeigen eine direkte endokrine Regulation von EGFR und HER-2, HER-3 und HER-4 werden nur indirekt beeinflusst.

Schlussfolgerungen: Eine multifaktorielle Beteiligung der EGF Rezeptoren an den biologischen Abläufen in den EM-Zellen ist wahrscheinlich. Die hier nachgewiesene nukleare Lokalisation von HER-4 unterstützt dies, da in anderen Geweben eine Funktion von HER-4 als Transkriptionsfaktor gezeigt wurde und dieser EGF Rezeptor Einfluss auf Signaltransduktion nehmen kann. Die unterschiedlichen Expressionsintensitäten der einzelnen Rezeptoren in den peritonealen, ovariellen und rectovaginalen Läsionen lassen auf einen Einfluss verschiedener Mikroumwelten schließen, welche für die EM als bewiesen gelten. Die nachgewiesene endokrine Regulation weist darauf hin, dass die EM-Zellen die EGF Rezeptoren unter Östrogenentzug als survival pathway nutzen können. Somit kann ein Einfluss der EGF Rezeptoren auf die Progression und Rezidivbildung der EM postuliert werden. Somit könnte perspektivisch eine kombinierte Behandlung aus einer antiöstorgenen Therapie und der Inhibition der EGF Rezeptoren eine neue Therapieoption der EM darstellen.