B&G Bewegungstherapie und Gesundheitssport 2007; 23(6): 257
DOI: 10.1055/s-2007-990495
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Publication Date:
12 December 2007 (online)

Übergewicht assoziiert mit Gonarthrose, aber nicht mit Koxarthrose

Mehrere Studien haben gezeigt, dass ein erhöhtes Körpergewicht ein wichtiger Risikofaktor für die Entstehung und das Fortschreiten der Kniegelenkarthrose ist. Die Bedeutung von Übergewicht für die Hüftgelenkarthrose ist noch nicht eindeutig geklärt. Eine niederländische Arbeitsgruppe untersuchte, ob ein hoher Body-Mass-Index (BMI) mit dem Auftreten der Koxarthrose korreliert (Ann Rheum Dis. 2007; 66: 158-162).

M. Reijamann et al. vom Erasmus Medical Center in Rotterdam fanden heraus, dass ein erhöhter BMI > 27,5 mit dem Auftreten und der Schwere der Gonarthrose, nicht aber mit der Koxarthrose assoziiert ist. Im Rahmen der Rotterdam-Studie (prospektive Kohorte) wurden 3 585 Probanden > 55 Jahre im Follow-up von etwa 6 Jahren (mittlerer Zeitraum von 6,6 Jahren) untersucht. Ziel der Rotterdam-Studie ist es, Auftreten und Risikofaktoren von chronischen Erkrankungen zu untersuchen.

Zu Beginn der Studie und nach 6 Jahren erstellte das Forschungszentrum von allen Probanden Röntgenbilder der Knie und / oder Hüfte. Eine Progression der Arthrose wurde nach dem Kellgren / Lawrence-Index (Grad 0 bis > 2) sowie mit einer Verschmälerung des Gelenkspalts (> 1 mm bzw. > 1,5 mm) definiert. Die Autoren errechneten mittels einer Regressionsanalyse die Assoziation zwischen dem Ausgangs-BMI und der Inzidenz einer Kox- oder Gonarthrose sowie das relative Risiko für eine Progression der Arthrose bei verschiedenen BMI.

Progression der Gonarthrose bei BMI > 27,5 erhöht

Das relative Risiko für eine Gonarthrose bei einem BMI > 27,5 betrug 3,3; bei der Hüfte zeigte sich kein deutlich erhöhtes Risiko für übergewichtige Patienten (Tab. [1]).

Tab. 1 Zusammenhang zwischen BMI und Vorkommen einer Osteoarthrose des Knies und der Hüfte. BMI (kg / m2) Gonarthrose Koxarthrose Anzahl der Patienten in % relatives Risiko * Anzahl der Patienten in % relatives. Risiko * ≤ 25 3,0 1 3,5 1 25-27,5 5,2 1,9 4,5 1,3 > 27,5 9,3 3,3 4,0 1,0 * ohne Angabe der Konfidenzintervalle

Bei einem BMI > 27,5 konnte ebenfalls nur eine Assoziation mit der Progression der Gonarthrose festgestellt werden, die definiert war als eine Abnahme der Gelenkspaltweite > 1,5 mm oder einer Zunahme des Arthrose-Index. Für die Koxarthrose errechnete sich kein signifikant erhöhtes Risiko für ein Fortschreiten der Arthrose bei übergewichtigen Patienten (Tab. [2]).

Tab. 2 Zusammenhang zwischen BMI und Progression einer Osteoarthrose des Knies und der Hüfte. BMI (kg / m2) GonarthroseProgression ≥ 1,5 mm* KoxarthroseProgression ≥ 1,5 mm* Anzahl der Patienten in % relatives Risiko** Anzahl der Patienten in % relatives Risiko** ≤ 25 3,6 1 2,0 1 25-27,5 7,5 2,3 2,6 1,5 > 27,5 11,2 3,2 3,2 1,5 * Progression wurde als Zunahme der Gelenkspaltverschmälerung ≥ 1 mm bzw. ≥ 1,5 mm definiert. Gezeigt sind nur die Daten ≥ 1,5 mm.** ohne Angabe der Konfidenzintervalle

Fazit

Die Studie zeigt, dass Übergewicht ein unabhängiger Risikofaktor für die Entstehung und Progression der Gonarthrose ist, allerdings nicht für die Koxarthrose. Die Autoren spekulieren, dass das Kniegelenk aufgrund seiner anatomischen Struktur biomechanisch anfälliger für Übergewicht ist als das Hüfgelenk. Schlüssige Erklärungsmodelle für die Unterschiede fehlen aber noch. In jedem Fall sollte einem übergewichtigen Patienten mit einer Arthrose des Kniegelenks zu einer Gewichtsreduktion geraten werden.

Dr. med. Christof Iking-Konert, Düsseldorf