Medizinethische Aspekte im Umgang mit muslimischen Patienten

Zum Beitrag in DMW 30/2007

Im unmittelbaren Einzugsbereich des Bezirkskrankenhauses Neunkirchen am Ostrand der Alpen leben etwa 100 000 Einwohner. Eine sehr heterogene Gruppe von etwa 3000 bis 4000 Muslimen gehört heute zur Alltagsrealität in unserem Bezirk. Wir haben Ilhan Ilkilics Beitrag über „Medizinethische Aspekte im Umgang mit muslimischen Patienten” [2] daher mit besonderem Interesse gelesen. Wir teilen die Meinung des Autors, dass die Beiziehung eines professionellen Dolmetscherdienstes eine beträchtliche Vereinfachung in der Behandlung von Patienten ohne gemeinsame Sprache bringt. Für uns ist derzeit ein derartiger Service nicht akut und nicht 24 Stunden am Tag greifbar. In einem wesentlichen Punkt teilen wir die Meinung des Autors nicht: Ilkilic schreibt, dass dem (mutmaßlichen) Patientenwillen in verschiedenen Kulturen ein unterschiedlicher Stellenwert zugemessen werden kann. Diese Annahme kollidiert wesentlich mit unserer Überzeugung, dass der Respekt vor den Grundprinzipien der medizinischer Ethik (Principle of Autonomy, Non-Maleficience, Beneficience, Justice) unabhängig von Herkunft, weltanschaulichen oder religiösen Überzeugung der Patienten eine unverrückbare Basis für die Lösung aller medizinethischen Fragen im Krankenhaus ist [1]. Selbstverständlich respektieren wir, dass der Patient im Rahmen seiner Autonomie seine Familie in seine Entscheidungsfindung einbezieht. Als Ergänzung zu Ilkics Beitrag möchten wir noch auf einen vom Autor nicht erwähnten Bereich hinweisen: Wir haben auf Wunsch muslimischer Mitbürger eine Möglichkeit zur Totenwaschung durch die Familie geschaffen.

Literatur

• 1 Beauchamp T, Childress J. Principles of Biomedical Ethics, 5th Ed. Oxford University Press 2001
• 2 Ilkilic I. Medizinethische Aspekte im Umgang mit muslimischen Patienten.  Dtsch med Wochenschr. 2007;  132 1587-1590