Zusammenfassung
Einleitung: Hausbesuche sind ein wesentlicher Bestandteil allgemeinärztlicher Tätigkeit. Bisher liegen allerdings keine aktuellen Erkenntnisse zum Besuchsverhalten der Hausärzte in Deutschland vor, weshalb wir anhand von routinemäßig erhobenen Praxisdaten Zielpopulation, Arbeitsaufwand und Entwicklung der Besuchstätigkeit der letzten Jahre untersuchten.
Methoden: Die Routinedaten stammen aus 136 Praxen des Göttinger und Freiburger Raums. Die elektronischen Patientenakten wurden in eine relationale Datenbank mit mehreren Tabellen überführt und aufbereitet. Grundlagen der Analysen waren die Abrechnungsziffern aus dem EBM `96 für Hausbesuche und Konsultationen, die anonyme Patientenkennnummer, Alter, Geschlecht und ICD-Codes.
Ergebnisse: 84 komplette Praxisdatensätze mit insgesamt 158.383 Patienten aus dem Jahr 2002 lagen der Querschnittsanalyse zugrunde. Zumindest einen Hausbesuch erhielten 12% aller Patienten - signifikant ältere Patienten und mehr Frauen. Die Hälfte der Besuchspatienten bekam nur einen Besuch im untersuchten Zeitraum, knapp 5% erhielten aber mindestens 26 Besuche im Jahr! Dringende Hausbesuche galten knapp 2/3 der Besuchspopulation. Auch Anzahl und Art der Diagnosen hatten einen Einfluss auf den Besuchsstatus. Der über die Praxen gemittelte Arbeitsaufwand lag bei 9 Besuchen auf 100 Konsultationen. Für die Längsschnittanalyse der Jahren 1997-2001 konnte 15 Praxen mit kompletten Datensätzen herangezogen werden. Die Zahl der Hausbesuche nahm in diesem Zeitraum bei gleichzeitig ansteigendem Durchschnittsalter der besuchten Patienten ab. Die Hausbesuchsfrequenz pro Besuchspatient blieb dagegen konstant.
Fazit: Alter, Geschlecht, Anzahl und Art der Diagnosen haben Einfluss auf die Hausbesuchstätigkeit. Trotz der abnehmenden Besuchstätigkeit der letzten Jahre ist der besuchsbedingte Arbeitsaufwand unserer Hausarztstichprobe im europäischen Vergleich hoch. Aufgrund des demografischen Wandels wird sich der Besuchsbedarf zukünftig vergrößern. Hier stehen gesundheitspolitische Entscheidungen an, wer zukünftig welche Aufgaben übernehmen wird.
Abstract
Introduction: Home visits are an integral part of general practice. However, information on this subject is lacking in Germany. Therefore we aim to describe the quantity of home visits, the target population and the workload for general practitioners on the basis of computerised data routinely collected in general practices.
Methods: The routine care data originate from 136 practices of the areas of Göttingen and Freiburg. Electronic patient records provided billing codes for home visits and consultations, patients’ anonymous identification number, age, gender and ICD codes.
Results: 84 practices with complete datasets of 158,383 patients were available for the cross-sectional analysis in 2002. 12% of all patients required at least one home visit - significantly more elderly and female patients. Half of all patients visited at home requested one visit, whereas nearly 5% needed at least fortnightly visits throughout the year. 2/3 of all visited patients received an emergency visit. The quantity and nature of diseases also influenced home visit status. The workload of an average practice contained 9 visits per 100 consultations. 15 practices provided datasets between 1997 and 2001. In this period the total number of home visits declined. Within the same period, the target group has increasingly been restricted to old patients.
Conclusion: Old age, female gender, quantity and nature of diseases positively influence home visit status. Compared to general practices in other European countries, the workload caused by house calls seems high in this German sample. Over recent years the frequency of home visits has decreased. In view of the demographic changes, decisions will have to be made as to who will care for the growing numbers of old patients requiring home visits.
Schlüsselwörter
Hausbesuche - Routinedaten - Allgemeinmedizin
Key words
house calls - family practice - data collection - medical records systems - computerized