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DOI: 10.1055/s-2007-995445
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York
Systemischer Lupus erythematodes als Begleiterkrankung einer refraktären Autoimmunhepatitis
Behandlung mit MycophenolatmofetilPublication History
Publication Date:
11 March 2008 (online)
Sicht des Immunologen und Rheumatologen
Befundlage
Die Arbeitsgruppe um Herrn Geier beschreibt einen Patienten, bei dem im 61. Lebensjahr die Diagnose einer Autoimmunhepatitis vom Typ 1 gestellt wurde. Zum Zeitpunkt der Diagnose bestanden ein deutlich erhöhter ANA-Titer von 1 : 1280 sowie eine ausgeprägte Hypergammaglobulinämie. Histologische Befunde einer Leberbiopsie zeigten das typische Bild einer Autoimmunhepatitis Typ 1. Wie die Autoren bereits selbst darstellen, kann es dabei schwierig sein, eine Autoimmunhepatitis vom Typ 1 von einer SLE-assoziierten Hepatitis zu differenzieren.
Nach einer vorübergehenden Remission, erzielt durch eine Kombinationstherapie mit Azathioprin und Steroiden, kam es bei dem Patienten im August 2005 zu einem Schub der Hepatitis, wobei sich zu diesem Zeitpunkt zusätzlich Hinweise für das Vorliegen eines systemischen Lupus erythematodes nach den ACR-Kriterien ergaben. Nach Nichtansprechen auf eine Ciclosporin-A-Therapie wurde bei ansteigenden Retentionswerten, bei erhöhten Lebertransaminasen sowie einer typischen klinischen und auch serologischen Manifestation eines SLE eine Therapie mit MMF aufgenommen. Darunter kam es zu einer Besserung sowohl der Retentionswerte wie auch der Lebertransaminasen, wobei bei histologisch nicht nachgewiesener Lupusnephritis der vorübergehende Anstieg der Retentionsparameter als Folge der Ciclosporin-A-Medikation bzw. durch den vorliegenden Typ-2-Diabetes erklärt werden könnte.
Differenzialdiagnose
In der Gesamtschau der dargestellten Kasuistik ist zu diskutieren, ob es sich bereits bei der Erstdiagnose der Autoimmunhepatitis Typ 1 um eine Lupus-erythematodes-assoziierte Hepatitis gehandelt hat.
Krankheitsphasen des SLE. Nach in den letzten Jahren erarbeiteten Daten über die unterschiedlichen Phasen des klinischen Verlaufs eines systemischen Lupus erythematodes ist eine präklinische Phase von einer frühen klinisch manifesten und einer sich daran anschließenden chronisch verlaufenden Krankheitsphase zu unterscheiden. Die präklinische Phase ist durch das Auftreten von antinukleären Antikörpern charakterisiert, wobei genetische wie auch Umweltfaktoren notwendig sind, um von der präklinischen zu einer klinisch manifesten frühen Form der Erkrankung zu führen. Suszeptibilitätsgene sind bei SLE sowohl innerhalb des MHC- wie auch außerhalb des MHC-Lokus, z. B. auf Chromosom 1, beschrieben worden. Einen relevanten Umweltfaktor stellt das Rauchen dar.
Histologie und Therapie. Dass es sich bereits bei der Erstdiagnose um eine SLE-assoziierte Hepatitis gehandelt haben könnte, wird mit durch die bereits erwähnte schwierige histologische Differenzierung zwischen beiden Krankheitsbildern nahegelegt. Andererseits ist aufgrund des sehr guten Ansprechens auf die eingeleitete immunsuppressive Therapie mit Azathioprin und Steroiden nach der Erstdiagnose sowohl das Vorliegen einer Autoimmunhepatitis Typ 1 wie auch einer SLE-assoziierten Hepatitis möglich.
Serologische Parameter. Was die in der Kasuistik erwähnten serologischen Parameter anbelangt, ist es durchaus möglich, dass zum Zeitpunkt der Erstdiagnose einer Autoimmunhepatitis vom Typ 1 antinukleäre Antikörper im hohen Titer, aber keine Antikörper gegen Doppelstrang-DNS nachzuweisen waren. Eine Feinanalyse der antinukleären Antikörper wäre bei der Erstdiagnose sicherlich sinnvoll gewesen, auch um bereits Hinweise auf einen möglicherweise zu diesem Zeitpunkt schon manifesten, sich monosymptomatisch entwickelnden SLE zu erhalten. Gleiches gilt für andere dem SLE zuzuordnende typische Serumparameter, wie z. B. eine Analyse der Serumkomplementkomponenten.
Familienanamnese. Ungewöhnlich sind Alter und Geschlecht des Patienten, bei dem im 69. Lebensjahr nach den ACR-Kriterien ein systemischer Lupus erythematodes assoziiert mit einer Hepatitis diagnostiziert wurde. Hier wäre es von Interesse zu wissen, ob in der Familie des Patienten weitere Personen an Autoimmunerkrankungen, besonders auch an Autoimmunerkrankungen des rheumatischen Formenkreises, erkrankt waren oder erkrankt sind.
Keine retrospektive Differenzierung. Anhand der in der Kasuistik dargestellten Befunde bleibt unklar, ob es sich 1999 bei der Erstdiagnose einer Autoimmunhepatitis vom Typ 1 bereits um eine SLE-assoziierte Hepatitis gehandelt haben könnte bzw. ob bei diesem Patienten in der Tat zwei unterschiedliche Krankheitsbilder bestanden haben und sich der systemische Lupus erythematodes erst mit einem Schub der gut kontrollierten Autoimmunhepatitis manifestierte.
Die bei dem Rezidiv der Hepatitis eingeschlagene Therapie ist Standard, wobei sich derzeit mehr und mehr die Anwendung von MMF anstelle von Cyclophosphamid in der Klinik erkennen lässt, dies auch aufgrund des relativ günstigen Nebenwirkungsprofils von MMF.
Fazit
Für die tägliche Praxis ist wichtig, wie es auch von den Autoren der Kasuistik dargestellt wurde, Patienten mit einem monosymptomatischen klinischen Befund wie einer Hepatitis beim Vorhandensein von Autoantikörpern, besonders auch antinukleären Antikörpern, sorgfältig zu kontrollieren, um rechtzeitig die Entwicklung eines Vollbildes z. B. eines SLE zu diagnostizieren und entsprechende Therapieschritte einzuleiten. Andere Ursachen einer Lebererkrankung müssen ausgeschlossen werden.
Präklinische Phasen von Autoimmunopathien mit dem langjährigen Nachweis von Autoantikörpern vor einer klinischen Manifestation eines entsprechenden Krankheitsbildes sind bei der Myasthenia gravis, dem Typ-1-Diabetes und in letzter Zeit bei der rheumatoiden Arthritis beschrieben worden.
Prof. Dr. med. Dr. h. c. Joachim R. Kalden
Direktor emeritus Medizinische Klinik 3 - Rheumatologie, Immunologie und Onkologie
Glückstraße 6
91054 Erlangen
Email: jkalden@molmed.uni-erlangen.de