Radiologie up2date 2008; 8(2): 107-131
DOI: 10.1055/s-2007-995702
Interventionelle Radiologie

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Perkutane Abszessdrainagen

Percutaneous drainage of abscessesS.  Kos, A.  L.  Jacob
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
26. Mai 2008 (online)

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Zusammenfassung

Die perkutane Drainage ist ein minimalinvasives Verfahren, welches unter anderem zur Behandlung von Abszessen eingesetzt werden kann. Hierbei werden unter Bildsteuerung (Sonografie, CT, MRT) perkutane Drainagekatheter in den Abszess eingebracht und der Eiter abgeleitet. Heute ist dieses Verfahren in der klinischen Praxis breit etabliert, was vor allem auf die schnelle und gute Verfügbarkeit präziser bildgebender Verfahren (z. B. CT) zur Therapiesteuerung zurückzuführen ist. Zum anderen ist in vielen Fällen die Therapie eines Abszesses medizinisch (z. B. Antibiotikatherapie) nicht suffizient möglich oder aber würde mit einer chirurgischen Intervention (offene Operation) und einer höheren perioperativen Belastung des Patienten einhergehen.

Der vorliegende Artikel behandelt Indikationen und Kontraindikationen, die präinterventionelle Bildgebung und Patientenvorbereitung. Zugrunde liegende Technik und verwendete Materialien werden beschrieben. Zahlreiche Bildbeispiele dokumentieren die vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten und Zugangswege. Schließlich werden neben den publizierten Therapieresultaten auch eigene Erfahrungen bei der Anwendung der PAD beschrieben und kritisch diskutiert.

Abstract

Percutaneous drainage is a minimally invasive procedure for the therapy of fluid collections within the human body (e. g. abscesses). To allow precise percutanoeous positioning of the drainage catheter, different techniques are used for image-guidance (e. g. MRI, CT, Sonography). In todays clinical practice percutaneous drainage placement is broadly established. This is on the one hand due to the fast and good availability of the modern guidance methods. On the other hand, in many cases the medical treatment alone (e. g. broad spectrum antibiotics) is still insufficient and an open surgical approach increases the perioperative risk for the patient significantly.

This article gives an overview on indications and contraindications, pre-interventional imaging and patient preparation. Many case examples from our daily practice demonstrate common applications and access routes. The published data on procedure results and outcome will be discussed.

Kernaussagen

Abszesse

  • Grundsätzlich können Abszesse ubiquitär im Körper auftreten. Sie sind bei alten, diabetischen oder immunkompromittierten Menschen und in Folge operativer Eingriffe besonders häufig.

  • Abszesse zeigen sich in der CT-Bildgebung mit einem hypodensen avitalen Zentrum und einer hypervaskularisierten, verschieden stark Kontrastmittel aufnehmenden Kapsel.

Vorgehen vor Intervention

  • Zur Indikationsstellung ist eine primäre Bildgebung (z. B. Ultraschall, CT, MRT) erforderlich. Sie muss die Ausdehnung des Abszesses, seine Lagebeziehungen und komplizierende Faktoren beschreiben.

  • Zur Vorbereitung der PAD gehören Anamnese, Blutuntersuchung (mit Blut-, ggf. Stuhl- und Urinkulturen), Antibiotikatherapie, Einstellung der Blutgerinnung und rechtzeitige Aufklärung. Der Patient erhält einen i. v. Zugang und wird stabil und für den Zugang optimal gelagert.

  • Für die Analgosedierung haben sich Midazolam (initial 2 mg) und Alfentanil (0,25 mg i. v.) bewährt.

Bildführungstechniken und Assistenzsysteme

  • Die Sonografie wird insbesondere zur Einlage einer PAD beim immobilen, z. B. auf der Intensivstation hospitalisierten Patienten angewendet.

  • Die MRT-Steuerung zur perkutanen Abszessdrainage bleibt auf Einzelfälle beschränkt. Für die Eingriffsplanung ist eine axiale True-Fisp-Sequenz empfehlenswert.

  • Für die periinterventionelle Prozesskontrolle in der CT haben sich sowohl die CT-Fluoroskopie als auch Biopsieprogramme bewährt.

  • Eine Roboterassistenz hat sich vor allem bei komplexem, anguliertem Zugangsweg bewährt. Bei in z-Achse angulierten Zugangswegen ist die Technik der gekippten Gantry einsetzbar.

Technik und Durchführung

  • Bei der Planung des Zugangsweges sollte ein Sicherheitsabstand von ca. 5 - 10 mm von Gefäßen, Darm, Ureteren und Nerven eingehalten werden. Die verschiedenen Lokalisationen von Abszessen erfordern spezielle Zugangswege und spezielle Vorsichtsmaßnahmen, um Gewebeschädigungen zu vermeiden.

  • Zur Lokalanästhesie hat sich ein Anästhetikum mittlerer Wirkdauer und Potenz bewährt (z. B. Mepivacain 1,5 %).

  • Bei der Drainagetechnik sind Trokartechnik (unmittelbare Abszesspunktion), Tandem-Trokar-Technik (Vorpunktion mit 18 - 22-G-Hohlnadel) und Seldinger-Technik (Vorpunktion, Führungsdraht und Dilatatoren) zu unterscheiden.

  • Für die Ableitung ist ein High-Flow-3-Wege-Hahn zu empfehlen.

Vorgehen nach Intervention

  • Das Kathetersystem sollte alle 8 Stunden mit 5 - 20 ml 0,9 %iger NaCl-Lösung gespült werden, um Verstopfungen zu vermeiden.

  • Tägliche Kathetervisiten durch den interventionellen Radiologen sollten obligatorisch sein, um Komplikationen (Abknicken, Verstopfung) frühzeitig zu erkennen.

  • Im Regelfall kann das Drainagesystem nach 2 - 7 Tagen entfernt werden. Kriterien für eine Drainageentfernung sind die klinische und laborchemische Befundbesserung und eine Reduktion des Drainagevolumens.

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