Fortschr Neurol Psychiatr 1997; 65(3): 122-132
DOI: 10.1055/s-2007-996316
ORIGINALARBEIT

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Nondeklaratives Gedächtnis - neuropsychologische Befunde und neuroanatomische Grundlagen

Non-declarative Memory - Neuropsychological Findings and Neuroanatomical CorrelatesIrene  Daum1 , H.  Ackermann2
  • 1Institut für Medizinische Psychologie und Verhaltensneurobiologie der Universität Tübingen
  • 2Neurologische Klinik der Universität Tübingen
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
09. Januar 2008 (online)

Abstract

The contents of long-term memory will influence behaviour, even if the acquired knowledge or the original learning episode are not remembered. These phenomena have been termed "non-declarative" or "implicit" memory, and they are contrasted with "declarative" or "explicit" memory which is characterised by conscious search and retrieval procedures. Non-declarative memory encompasses non-associative learning, simple conditioning, priming effects as well as motor, perceptual and cognitive skill acquisition. The dissociation of both forms of memory is documented by studies in healthy subjects which indicated that experimental manipulations or drugs may differentially affect declarative and non-declarative memory processes.

Damage to the medial temporal or the medial thalamic regions is known to result in declarative memory deficits whereas non-declarative memory is largely unaffected by such lesions. Animal research and clinical findings indicate that several components of non-declarative memory such as motor and cognitive skill acquisition or certain types of classical conditioning are dependent upon the integrity of the basal ganglia or the cerebellum. These issues are therefore of increasing importance for the understanding of extrapyramidal and cerebellar diseases. This paper presents recent neuropsychological findings and neuroanatomical data relating to the issue of non-declarative memory.

Zusammenfassung

Inhalte des Langzeitgedächtnisses vermögen, auch ohne daß eine bewußte Erinnerung an dieses Wissen oder die Situation, in der es erworben wurde, vorliegt, das Verhalten zu regulieren. Derartige Phänomene werden in der neueren Literatur als ,,nondeklarative" oder ,,implizite" Gedächtnisleistungen bezeichnet und dem ,,deklarativen" oder ,,expliziten" System, das auf bewußte Such- und Abrufprozesse zurückgreift, gegenübergestellt. Der Bereich nondeklarativer Behaltensphänomene umfaßt nonassoziatives Lernen, einfache Konditionierung, Priming-Effekte als auch den Erwerb motorischer, perzeptueller und kognitiver Fertigkeiten. Eine Dissoziation beider Formen des Behaltens wird u. a. dadurch dokumentiert, daß sich experimentelle Manipulationen oder Pharmaka differentiell auf deklarative und nondeklarative Gedächtnisprozesse auswirken.

Zahlreiche klinische Studien haben übereinstimmend nachgewiesen, daß bei Schädigungen des medialen Temporallappens oder mittelliniennaher dienzephaler Strukturen Störungen des deklarativen Gedächtnisses auftreten, während nondeklarative Behaltensleistungen davon weitgehend unbeeinflußt bleiben. Tierexperimentelle und klinische Befunde deuten darauf hin, daß unterschiedliche nondeklarative Gedächtnisfunktionen wie das Erlernen von motorischen und kognitiven Fertigkeiten oder bestimmte Formen der klassischen Konditionierung an die Integrität der Basalganglien bzw. des Kleinhirns gebunden sind. Dadurch gewinnen diese gedächtnispsychologischen Modelle zunehmend an Bedeutung für das Verständnis extrapyramidalmotorischer und zerebellärer Erkrankungen. Aus diesem Grund sollen im folgenden umfassend die relevanten neuropsychologischen Befunde dargestellt und die funktionell-neuroanatomischen Grundlagen des nondeklarativen Gedächtnisses herausgearbeitet werden.