Fortschr Neurol Psychiatr 1997; 65(4): 145-153
DOI: 10.1055/s-2007-996318
ORIGINALARBEIT

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Die Verläßlichkeit von Angehörigenangaben zur Krankheitsanamnese Schizophrener

The Validity of Relatives' ReportsM.  Hambrecht , H.  Häfner
  • Arbeitsgruppe Schizophrenieforschung, Zentralinstitut für Seelische Gesundheit, Mannheim
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
09. Januar 2008 (online)

Abstract

Because a valid psychiatric history is difficult to obtain from an acute psychotic patient, particularly upon first admission, information given by important others is necessary for diagnostic classification, but the validity of this data must be examined. Within the ABC Schizophrenia Study, the onset and early course of schizophrenia was assessed from 171 post-psychotic first admissions and their close relatives. High agreement was found for substance abuse, self-destructive behaviour, paranoid delusion and social role deficits. Agreement was low for unspecific symptoms like depression, anxiety, problems with concentration or sleep. Due to a lack of sensitivity of the relatives' reports, agreement was also low for formal thought and perceptual disorders and derealization. A second study with 30 patients with schizophrenia and with 2 or more relatives for each case (n = 69) demonstrated that the quality of relatives' reports depends primarily on the relative's image of the patient (e. g., perceived dominance) and on the relative's attributions about the cause of the disease. Close and long contact tends to impair the quality of reports. Again, the observation of different symptoms is influenced differently by these factors.

Zusammenfassung

Wegen der Schwierigkeit einer zuverlässigen Erhebung der Vorgeschichte durch Befragen des Patienten muß sich bei akuten Psychosen die Erfassung des Frühverlaufs vor Erstaufnahme und die diagnostische Einordnung häufig auf fremdanamnestische Angaben stützen, deren Validität jedoch zu prüfen ist. Im Rahmen der ABC-Schizophrenie-Studie wurden dafür die anamnestischen Angaben von 171 ersthospitalisierten Patienten (erhoben nach Remission der Akutsymptomatik) und ihren nahen Angehörigen verglichen. Eine hohe Übereinstimmung zeigte sich für Substanzmißbrauch, selbstschädigendes Verhalten, Verfolgungswahn und soziale Rollendefizite. Eine geringe Übereinstimmung ergab sich für unspezifische Symptome wie Depressivität, Ängste, Konzentrations- und Schlafstörungen. Eine geringe Übereinstimmung aufgrund niedriger Sensitivität der Fremdanamnese fand sich bei Derealisations- und Depersonalisationserleben, formalen Denk- sowie Wahrnehmungsstörungen. Eine zweite Studie an 30 Patienten mit Schizophrenie und jeweils mehreren ihrer Angehörigen (n = 69) konnte nachweisen, daß die Güte der Fremdanamnese vor allem vom Fremdbild des Angehörigen vom Patienten (z. B. der erlebten Dominanz) und von Kausalattributionen über die Ursache der Erkrankung abhängt. Besonders enger und langer Kontakt zum Patienten ist für die Güte der Fremdanamnese eher ungünstig. Die Fremdbeobachtung verschiedener Symptome unterliegt zudem unterschiedlichen Einflüssen.