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DOI: 10.1055/s-2007-996321
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York
Neuroradiologische Aktivierungsstudien zur zerebralen Organisation sprachlicher Leistungen
Eine LiteraturübersichtNeuroradiological Activation Studies on the Cerebral Organisation of Language CapacitiesA ReviewPublication History
Publication Date:
09 January 2008 (online)
Abstract
Models on the cerebral organisation of speech and language capacities are predominantly based on lesion studies. Neuroradiological activation methods using positron emission or magnetic resonance tomography provide a further means to investigate brain-behaviour relationships. The present paper reviews the available data obtained with functional imaging during speech and language tasks.
The classical connectionist model suggests several distinct language centres within the perisylvian area of the dominant hemisphere. Especially the processing of complex verbal stimuli yields haemodynamic and metabolic reactions outside this area. At least partially, these extrasylvian foci might reflect paralinguistic functions such as motivational or attentional aspects of speech production, or the processing of emotions conveyed by verbal utterances. As far as linguistic capacities are concerned, functional imagery has yielded two results which extend the classical connectionist model of speech and language functions: (a) the medial part of the occipital lobe of the dominant hemisphere seems to comprise representations of visual word forms; (b) word generation yields activation of cerebellar structures. In contrast to the classical connectionist model, reading did not cause reactions of the angular region of the left hemisphere. Furthermore, phonological and semantic processing of verbal stimuli include the anterior perisylvian language zones.
The interpretation of discrepancies between data derived from lesion studies and those obtained with functional imaging is still unsettled. First of all, rapid cognitive processes do not necessarily give rise to a detectable significant haemodynamic or metabolic response. Secondly, highly automatised language processes such as inner speech are difficult to control.
Zusammenfassung
Modelle zur zerebralen Organisation der Sprachverarbeitung haben sich bislang vor allem auf Läsionsstudien gestützt. Allerdings dürfte auf dieser Grundlage weder ein umfassendes noch ein hinreichend differenziertes Bild der zentralnervösen Kontrolle sprachlicher Kommunikation zu gewinnen sein. Neuroradiologische Aktivierungsverfahren mittels Positronenemissionstomographie oder funktioneller Magnetresonanztomographie könnten in dieser Hinsicht weiterführende Möglichkeiten bieten.
Vor dem Hintergrund vergleichend klinisch-neuroanatomischer Untersuchungen postuliert das klassische konnektionistische Modell mehrere distinkte Sprachzentren im Bereich des perisylviischen Kortex der linken Hemisphäre. Die vorliegenden Aktivierungsstudien konnten auch hämodynamische bzw. metabolische Reaktionen außerhalb dieser Regionen dokumentieren. Zum Beispiel scheinen visuelle Wortformen, die als elementarste Komponente der linguistischen Analyse beim Lesen'gelten können, im Bereich des medialen Okzipitallappens der dominanten Hirnhälfte repräsentiert zu sein und im Rahmen von Wortfindungsaufgaben war auch nach Subtraktion der durch sprechmotorische Leistungen bedingten Aktivierung eine Reaktion zerebellärer Strukturen nachweisbar. Abweichend vom klassischkonnektionistischen Modell der zerebralen Sprachverarbeitung konnten die bisher veröffentlichten Aktivierungsstudien keine sichere Beteiligung des angulären linkshemisphärischen Kortex beim Lesen dokumentieren. Darüber hinaus war auch im Rahmen phonologischer und semantischer Zuordnungsaufgaben, die keine sprachlich-expressiven Leistungen erforderten, eine Reaktion der anterioren perisylviischen Sprachzentren zu beobachten.
Die vorliegenden Befunde funktioneller Bildgebung zur zerebralen Organisation der Sprachverarbeitung lassen noch keine sicheren Rückschlüsse dahingehend zu, inwieweit das klassische konnektionistische Modell erweitert werden muß. Einerseits könnten sehr rasch ablaufende kognitiv-linguistische Vorgänge mit den heute zur Verfügung stehenden Verfahren noch nicht zu detektieren sein. Andererseits ermöglichen Aufgabeninstruktion und experimentelles Design sicherlich keine hinreichende Kontrolle von hochautomatisierten Prozeduren sprachlicher Verarbeitung wie zum Beispiel der ,,inneren Verbalisierung".