Abstract
Models on the cerebral organisation of speech and language capacities are predominantly
based on lesion studies. Neuroradiological activation methods using positron emission
or magnetic resonance tomography provide a further means to investigate brain-behaviour
relationships. The present paper reviews the available data obtained with functional
imaging during speech and language tasks.
The classical connectionist model suggests several distinct language centres within
the perisylvian area of the dominant hemisphere. Especially the processing of complex
verbal stimuli yields haemodynamic and metabolic reactions outside this area. At least
partially, these extrasylvian foci might reflect paralinguistic functions such as
motivational or attentional aspects of speech production, or the processing of emotions
conveyed by verbal utterances. As far as linguistic capacities are concerned, functional
imagery has yielded two results which extend the classical connectionist model of
speech and language functions: (a) the medial part of the occipital lobe of the dominant
hemisphere seems to comprise representations of visual word forms; (b) word generation
yields activation of cerebellar structures. In contrast to the classical connectionist
model, reading did not cause reactions of the angular region of the left hemisphere.
Furthermore, phonological and semantic processing of verbal stimuli include the anterior
perisylvian language zones.
The interpretation of discrepancies between data derived from lesion studies and
those obtained with functional imaging is still unsettled. First of all, rapid cognitive
processes do not necessarily give rise to a detectable significant haemodynamic or
metabolic response. Secondly, highly automatised language processes such as inner
speech are difficult to control.
Zusammenfassung
Modelle zur zerebralen Organisation der Sprachverarbeitung haben sich bislang vor
allem auf Läsionsstudien gestützt. Allerdings dürfte auf dieser Grundlage weder ein
umfassendes noch ein hinreichend differenziertes Bild der zentralnervösen Kontrolle
sprachlicher Kommunikation zu gewinnen sein. Neuroradiologische Aktivierungsverfahren
mittels Positronenemissionstomographie oder funktioneller Magnetresonanztomographie
könnten in dieser Hinsicht weiterführende Möglichkeiten bieten.
Vor dem Hintergrund vergleichend klinisch-neuroanatomischer Untersuchungen postuliert
das klassische konnektionistische Modell mehrere distinkte Sprachzentren im Bereich
des perisylviischen Kortex der linken Hemisphäre. Die vorliegenden Aktivierungsstudien
konnten auch hämodynamische bzw. metabolische Reaktionen außerhalb dieser Regionen
dokumentieren. Zum Beispiel scheinen visuelle Wortformen, die als elementarste Komponente
der linguistischen Analyse beim Lesen'gelten können, im Bereich des medialen Okzipitallappens
der dominanten Hirnhälfte repräsentiert zu sein und im Rahmen von Wortfindungsaufgaben
war auch nach Subtraktion der durch sprechmotorische Leistungen bedingten Aktivierung
eine Reaktion zerebellärer Strukturen nachweisbar. Abweichend vom klassischkonnektionistischen
Modell der zerebralen Sprachverarbeitung konnten die bisher veröffentlichten Aktivierungsstudien
keine sichere Beteiligung des angulären linkshemisphärischen Kortex beim Lesen dokumentieren.
Darüber hinaus war auch im Rahmen phonologischer und semantischer Zuordnungsaufgaben,
die keine sprachlich-expressiven Leistungen erforderten, eine Reaktion der anterioren
perisylviischen Sprachzentren zu beobachten.
Die vorliegenden Befunde funktioneller Bildgebung zur zerebralen Organisation der
Sprachverarbeitung lassen noch keine sicheren Rückschlüsse dahingehend zu, inwieweit
das klassische konnektionistische Modell erweitert werden muß. Einerseits könnten
sehr rasch ablaufende kognitiv-linguistische Vorgänge mit den heute zur Verfügung
stehenden Verfahren noch nicht zu detektieren sein. Andererseits ermöglichen Aufgabeninstruktion
und experimentelles Design sicherlich keine hinreichende Kontrolle von hochautomatisierten
Prozeduren sprachlicher Verarbeitung wie zum Beispiel der ,,inneren Verbalisierung".