physioscience 2008; 4(2): 100-101
DOI: 10.1055/s-2008-1027436
Veranstaltungsbericht

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Doppeljubiläum in Valencia - Lernen aus Studentensicht stand im Vordergrund der Konferenz

C. Zalpour1
  • 1FH Osnabrück, Institut für angewandte Physiotherapie und Osteopathie, INAPIO
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
13. Mai 2008 (online)

Die diesjährige Frühlingskonferenz des European Network of Physiotherapy in Higher Education (ENPHE, www.enphe.org) fand vom 5. bis 9. März 2008 an der ehrwürdigen Universität Valencia unter dem Thema Student-centered Learning - What Does It Mean for Students, Lecturers and Institutions? statt ([Abb. 1 3]).

Abb. 1 Im ehemaligen Flussbett des Rio Turia sind in der Ciudad de las Artes y las Ciencias architektonische Perlen des Architekten Santiago Calatrava zu bewundern, der sich von Tierskeletten inspirieren ließ: hier der Palau de les Arts Reina Sofia (Theater und Opernhaus).

Abb. 2 3-D-Kino L'hemispheric.

Abb. 3 Museo de Ciences Principe Felipe.

Der Einladung von Nicolás Estévez, Direktor des Departments Physiotherapie an der Universität Valencia folgten ca. 150 Teilnehmer schon zum 2. Mal, da er dort bereits vor 5 Jahren eine ENPHE-Konferenz veranstalte. Jetzt wurde hier das 25-jährige Jubiläum der Physiotherapie begangen, was den Konferenzteilnehmern unter anderem einen offiziellen Empfang beim Präsidenten der Hochschule mit allen Ehren bescherte.

Mit dem diesjährigen Treffen der Physiotherapie-Bildungsexperten aus ganz Europa wurde zusätzlich auch das 20-jährige Bestehen des ENPHE-Netzwerks gefeiert, das in der Zwischenzeit deutlich gewachsen ist.

Als deutsche Vertreter akademischer Physiotherapie-Programme nahmen neben dem Autor dieses Beitrages, der auch einen Vortag zum Thema Bridging Theory and Practise - A Concept for the Further Development of Clinical Reasoning Matters in the Bachelor Studies of Physiotherapy (Koautor: Ansgar Löchelt, BSc PT) hielt, Dr. Hans Groß von den Döpfer-Schulen und Ursula Schütz von der Alice-Salomon-Fachhochschule in Berlin teil. Ein zukünftig noch stärkeres Engagement der deutschen Physiotherapie in Form aktiver ENPHE-Mitglieder ist hoch willkommen. Interessenten können sich unter www.enphe.org informieren oder den Kontakt zu den nationalen Koordinatoren suchen: Bodo Schlag, St.-Elisabeth-Stiftung Bochum/ZVK Köln oder C. Zalpour (Stellvertreter), FH Osnabrück.

In vielen Ländern sind sämtliche Hochschulen Mitglied von ENPHE. Dies sollte uns ein Vorbild sein, denn 1. gewinnen Netzwerke ihre Stärke auch durch die Anzahl ihrer Mitglieder und 2. ist die Weiterentwicklung auch der deutschen Physiotherapie nicht ohne europäischen Einfluss und Vernetzung denkbar. Dies gilt für Forschung und Lehre gleichermaßen. Die jüngste Erfahrung der Akademisierung durch den Bologna-Prozess hat dies ja eindrücklich gezeigt.

Seit der letzten Konferenz in Prag wurde folgende Arbeitstruktur gefestigt und in Valencia weiter verfolgt: In den Konferenzen werden Arbeitsgruppen zu 4 verschiedenen Themengebieten etabliert, die jeweils 1 europäisches Mitglied des Netzwerkes moderiert: Competences (Paul Beenen, MBA, Arnhem-Nijmegen, Niederlande), Curriculum (Ingrid Linquist, PhD, Karolinska Institut, Schweden), Learning and Assessment (Sirpa Laitinen, MSc PT, Jyvaskylä-Universität, Finnland) und Quality Management (Prof. Dr. Andre Vyt, Universität Gent, Belgien).

Alle Arbeitsgruppen arbeiten kontinuierlich daran, die europäische Perspektive auf die akademische Ausbildung der Physiotherapie zu gewinnen und durch Austausch von Ideen voneinander zu lernen. Dabei bestehen nach wie vor noch viele Unterschiede zwischen den einzelnen Mitgliedsländern. Die thematische Struktur der Arbeitsgruppen findet sich auch in einem Antrag an die Europäische Kommission wieder, für die Zukunft eine stärkere Harmonisierung der europäischen Physiotherapieausbildung anzustreben, die außer in Deutschland überall grundständig akademisch ist. Ein solcher Forschungs- und Entwicklungsantrag war schon einmal gestellt worden, aber an den Hürden der externen Begutachtung gescheitert.

Erfreulich ist, dass die studentische Beteiligung an den Konferenzen regelmäßig steigt. Auch dies sei ein Ansporn für deutsche studentische Vertreter. Zum Thema studentenzentriertes Lernen (SZL) fassten Studierende aus 6 Ländern (Niederlande, Belgien, Dänemark, Bulgarien, Spanien und Portugal) ihre Erfahrungen und Wünsche zusammen. Auch hierbei zeigt sich die große Heterogenität der Europäer. Während vor allem in den skandinavischen und Beneluxstaaten große Erfahrungen mit dem SZL vorherrschen, sind dies in den südlichen Ländern eher Desiderate. Die Studierenden äußerten sich aber auch kritisch und bemängelten zum Teil, stärkere Strukturvorgaben zu benötigen. Es kommt wohl auf eine gewisse Ausgewogenheit zwischen strukturierten Lernvorgaben und einem Maß an eigenverantwortlichem, selbstbestimmten Lernen an, um das Bildungserlebnis Physiotherapie-Studium im Sinne Bolognas zu gestalten.

Außerdem wurde auf der Versammlung der nationalen Koordinatoren festgelegt, dass zukünftig ENPHE-Konferenzen nur noch 1-mal im Jahr stattfinden sollen, um eine kontinuierlichere Teilnahme zu ermöglichen (2009: Rotterdam/Niederlande; ab 2010 wahrscheinlich folgende Reihenfolge: Riga/Lettland; 2011: Moskau/Russland, 2012: Salford/Großbritannien), da die bisherige Struktur der Frühlings- und Herbstkonferenzen für viele Mitglieder einfach zu häufig war.

Die Ausnahme stellt dieses Jahr dar: Am 25. und 26. September findet die ENPHE-Herbstkonferenz zusammen mit dem ER-WCPT Meeting unter Beteiligung des Nordisk Undervisningsfysioterapeuter (NUF) in Stockholm statt: 2nd European Congress on Physiotherapy Education mit der thematischen Ausrichtung Life Long Learning (www.allready.net/lsr-intranet).

Prof. Dr. med. Christoff Zalpour

Professor für Physiotherapie, FH Osnabrück, Direktor des Institutes für angewandte Physiotherapie und Osteopathie

eMail: c.zalpour@fh-osnabrueck.de