Tierarzthelfer/in konkret 2008; 4(1): 8-9
DOI: 10.1055/s-2008-1036444
Laborkurs

Enke Verlag in MVS Medizinverlage Stuttgart GmbH & Co. KG

Harnuntersuchung beim Kaninchen

Marie Christine Weiß
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
18. Februar 2008 (online)

Grundlagen

Eigenschaften Kaninchenharn

Farbe: von hellgelb bis bräunlichrot ph-Wert: zwischen 8 und 9 Besonderheiten: hoher Anteil an Kalziumkristallen, wodurch der Urin trüb erscheint; bei Jungtieren ist der Urin klar

Erkrankungen der Niere und der ableitenden Harnwege treten beim Kaninchen häufig auf und haben daher große klinische Relevanz. Charakteristische Veränderungen bestimmter Parameter des Urins sind neben anderen Laboruntersuchungen ein wichtiges diagnostisches Hilfsmittel.

Bei der Urinuntersuchung können folgende Eigenschaften zur Beurteilung herangezogen werden:

Farbe

Es treten Variationen von hellgelb bis bräunlichrot auf, wobei die Farbe abhängig von der Fütterung ist. Porphyrine (Farbstoffe) aus verschiedenen Pflanzen können zu einer Rotverfärbung des Urins führen (z.B. Löwenzahn, Rote Bete). Jedoch kann auch durch Blutbeimengungen eine rötliche Färbung entstehen. Aus diesem Grund sollte rotverfärbter Urin immer untersucht werden.

Beimengung und Konsistenz

Kaninchenurin ist meist trüb, hervorgerufen durch den physiologischen Gehalt an Kalziumkristallen (Kalziumphosphat, Kalziumoxalat). Klarer Urin tritt bei erwachsenen Tieren nur selten auf und ist meist ein Hinweis auf eine Entzündung der ableitenden Harnwege, denn bei einer Entzündung sinkt der pH- Wert des Urins und die Kristalle lösen sich auf. Lediglich bei Tieren mit einem erhöhten Bedarf an Kalzium wie z. B. bei Jungtieren und säugenden Tieren ist klarer Urin physiologisch, weil sie das mit der Nahrung aufgenommene Kalzium für das Knochenwachstum bzw. die Milchbildung verbrauchen und es nicht mit dem Urin ausscheiden.

Stark eingetrübter Urin ist ein Hinweis auf einen hohen Gehalt an Kristallen, der eine Folge kalziumreicher Fütterung ist. Kaninchen können im Gegensatz zu anderen Tierarten einen Überschuss an Kalzium in der Nahrung nicht durch einen „Stop” der Aufnahme im Darm regeln. Durch diese Besonderheit im Kalziumstoffwechsel bilden sich bei entsprechend kalziumreicher Fütterung und mangelnder Wasseraufnahme Kristalle und Steine aus Kalziumverbindungen (Kalziumkarbonat, Kalziumoxalat) in den ableitenden Harnwegen. Diese machen sich zunächst als vermehrte Harntrübung bemerkbar und können im weiteren Krankheitsgeschehen zu großen Blasensteinen anwachsen, die die Harnwege verlegen und in der Folge zu massiven Entzündungen, Abflussstörungen und Schmerzen führen.

Der Bildung von Harnsteinen kann durch eine entsprechende Fütterung vorgebeugt werden. Vermieden werden sollten kalziumreiches Futter wie Kohlrabiblätter, Broccoli, Luzerneprodukte, Dill, Petersilie sowie „Grünrollis” und kalziumreiches Trinkwasser. Als Faustregel gilt: „Je grüner, desto kalziumreicher”. Gut sind wasserreiches Frischfutter wie Salate, Gurke und Tomate.

Höhere Gehalte an Leukozyten können ebenfalls zu einer vermehrten Trübung und schleimiger Konsistenz führen. In seltenen Fällen führen auch Bakterien wie bestimmte E. coli-Stämme zu schleimigem Urin. Die beschriebenen Veränderungen sind immer ein Hinweis auf ein entzündliches Geschehen! Der Urin sollte in diesem Falle immer mikroskopisch auf das Vorhandensein und die Menge an Leukozyten und Bakterien untersucht und ggf. zur weiteren Untersuchung und Differenzierung an ein Speziallabor gesendet werden.

pH-Wert

Der Urin ist meist alkalisch zwischen 8 und 9. Neutraler (pH 7) oder saurer Harn-pH (< 7) entsteht meist im Zusammenhang mit einer Blasenentzündung. In diesem Fall ist der Urin klar, da die Kalziumkristalle sich bei einem niedrigen pH häufig auflösen.

Anschrift der Autorin:

Dr. med. vet. Marie Christine Weiß

Vet Med Labor GmbH

Division of IDEXX Laboratories

Mörikestr. 28/3

71636 Ludwigsburg

eMail: m.weiss@vetmedlabor.de