Zusammenfassung
Es besteht eine zunehmende Tendenz zur sogenannten konservativen Behandlung der intraepithelialen
Atypie. Der neue Terminus zervikale intraepitheliale Neoplasie (CIN) hat vermeintlich
auch ein neues Behandlungskonzept mit sich gebracht. Der Begriff CIN ersetzt jedoch
nur die uneinheitlichen Bezeichnungen Carcinoma in situ und Dysplasie. Er drückt aus,
daß es sich um grundsätzlich gleichartige Veränderungen handelt, die sich nur durch
ihre Differenzierung unterscheiden. Die persistierende Dysplasie ist nichts anderes
als ein besonders hoch differenziertes Carcinoma in situ und muß als solches behandelt
werden. - Für die endgültige Diagnose der CIN muß neben dem histologischen Erscheinungsbild
und der Abgrenzung zum Stroma auch die Ausdehnung der Veränderungen bekannt sein.
Weder die Zytologie noch die Kolposkopie, noch die gezielte Biopsie oder auch die
Kombination der drei Methoden können die Veränderungen mit der Sicherheit definieren, die für die Indikation zur wirklich adäquaten Behandlung notwendig
ist. Es konnte gezeigt werden, daß die Behandlungsergebnisse beim Carcinoma in situ
von der Qualität der primären Diagnose abhängen. Unter 390 Fällen, die nach nicht
ausreichender bioptischer Abklärung behandelt wurden, starben acht am Karzinom. Nach
der Behandlung von 1012 Fällen mit der Konisation allein ist keine Patientin am Karzinom
gestorben. Die Gefahr der sogenannten konservativen Behandlung liegt nicht nur in
unerkannten invasiven Veränderungen, sondern viel mehr in dem Zurücklassen präinvasiver
Karzinomreste in der Tiefe von Zervixdrüsen. Ihr Nachweis kann sich auch noch so regelmäßigen
Kontrolluntersuchungen entziehen. Sie werden u. U. erst nach langen Latenzzeiten als
invasive Krebse wieder in Erscheinung treten.
Abstract
There is an increasing tendency of a so-called conservative treatment of intraepithelial
atypia. The new term of cervical intraepithelial neoplasia (CIN) supposedly called
for a new concept of treatment. However, the term CIN replaces only the ambiguous
terms of Carcinoma in situ and Dysplasia. The term CIN expresses the latter two being
principally identical changes that are distinguishable only by differentiation. Persistent
dysplasia is nothing but a highly differentiated Carcinoma in situ and must be treated
as such. - For final diagnosis of CIN not only the histological pattern must be known
but above all the relationship to the stroma and the extent of changes. Neither cytology
nor colposcopy and directed biopsy or a combination of these can define the lesions
with such accuracy as is necessary as a basis for a really adequate treatment. It
could be proved that treatment results of Carcinoma in situ depended on the quality
of primary diagnosis. Out of 390 cases that were treated after limited biopsy, eight
died of cancer. After treatment of 1012 cases with conization alone there was not
one fatal case. The danger of so-called conservative treatment lies not only in unrecognized
invasive lesions but above all in preinvasive lesions remaining in deeply situated
glands. Their discovery may fail in spite of regular follow-ups. They will reappear
possibly only after a long latency period as invasive cancer.